Welche Erkenntnisse hat es bei den Evaluierungen 2019/20 gegeben und was sind die wichtigsten Lessons Learned? Im Streifzug erhalten Sie einen Einblick in die Vielfalt der evaluierten Vorhaben der finanziellen Zusammenarbeit (FZ) und die Besonderheiten einzelner Vorhaben. Detaillierte Informationen zu den Evaluierungen finden Sie auf der Weltkarte.
Im Zeitraum 2019/2020 vereinte der Finanzsektor mit 36 von insgesamt 171 evaluierten Vorhaben (21 %) die meisten Evaluierungen auf sich. Dabei adressierten zehn der 36 Finanzvorhaben kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) als Zielgruppe, acht weitere zielten auf energieeffizienteres Wirtschaften ab. Die vergleichsweise große Zahl an Evaluierungen steht dabei in engem Zusammenhang mit der gebündelten Evaluierung mehrphasiger Vorhaben: Sobald eine der Projektphasen Teil der zu evaluierenden Stichprobe des FZ-Portfolios ist, werden in der Regel mehrere Phasen evaluiert. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen umfassenderen Blick auf die Wirksamkeit eines Vorhabens. Beispielsweise wurden sechs Phasen des regionalen Energieeffizienz-Fonds in Südosteuropa und fünf Phasen des MENA-Regionalfonds für die KKMU-Finanzierung innerhalb eines Ex-post- Evaluierungsberichts (EPE) evaluiert.
Im Vergleich zu anderen Sektoren schneiden Projekte im Finanzsektor besonders gut ab. Im Durchschnitt wurden Finanzvorhaben mit der Gesamtnote 2,3 bewertet, während die Durchschnittsnote über alle Sektoren hinweg bei 2,8 lag.
Die Gründe für das gute Abschneiden des Finanzsektors sind vielfältig. Zum einen müssen oft nennenswerte Hürden übersprungen werden, um diese Vorhaben zu implementieren. So sind häufig stabile regulatorische Rahmenbedingungen eine Anforderung für die Etablierung und Auszahlung eines Finanzprodukts. Dies ist einer der Gründe für die in der gesamten Stichprobe relativ geringe Anzahl an Finanzprojekten in Subsahara Afrika, während Projekte in politisch stabileren Regionen wie Mittel- und Südosteuropa vermehrt durchgeführt und evaluiert worden sind. Zum anderen stellt die Evaluierung bei Bündelung von Vorhaben häufig eine Fortschreibung oder sogar Verbesserung der Note fest: Projekte mit einer sehr guten oder guten Note in den ersten Phasen konnten eine mindestens gleich gute Bewertung auch in späteren Phasen erzielen.
Mit der zunehmenden Bedeutung von Policy Based Lending (PBL) bzw. Reformfinanzierungen im FZ-Portfolio wächst auch die Relevanz von Evaluierungserkenntnissen aus PBL-Projekten. In den Kalenderjahren 2019 und 2020 sind vier Vorhaben evaluiert worden. Bei zwei dieser Vorhaben wurden wiederum mehrere Phasen im Gesamtblick betrachtet (Kolumbien und Peru). Zentrale Erkenntnisse sind, dass Ownership - also die Federführung der Kooperationsländer - die wichtigste Rolle für den Erfolg einer Reformfinanzierung spielt, da damit auch eine stärkere Identifizierung mit dem Projekt einhergeht. Weiterhin zeigte sich im Rahmen der Evaluierungen, dass die sogenannten Policy-Dialoge, in denen konkrete Maßnahmen und Aspekte der Reformfinanzierung geklärt und abgestimmt werden, zwar äußerst wichtig, jedoch auch sehr (zeit-)aufwendig sind. Ausreichende Kapazitäten mit Präsenz vor Ort sind deshalb essenzielle Bausteine für einen glaubhaften, kontinuierlichen und vertrauten Dialog mit den Mitwirkenden. Das Beispiel eines Vorhabens zur Siedlungswasserwirtschaft in Peru zeigt, dass die Ziele des Vorhabens eher umgesetzt werden, wenn sie in enger Zusammenarbeit mit der Regierung entwickelt werden. Dabei wird nicht nur ein finales Ziel definiert, sondern eher einzelne Reformschritte, die zu einer anteiligen Auszahlung der Mittel führen (Trigger). Die Evaluierungen ergeben, dass die aktuelle Flexibilität in der Ausgestaltung der Trigger zwar bestehen bleiben soll, aber eine präzisere Formulierung der Kriterien nötig ist. Im Reformprogramm für Siedlungswasserwirtschaft beispielsweise war die Policy-Matrix - aufgrund einer recht unpräzisen Formulierung - eher die Diskussionsgrundlage eines kontinuierlichen Politikdialoges als ein Instrument zur Freigabe von Auszahlungen durch Trigger.
Das Reformprogramm zur Förderung des Friedensprozesses in Kolumbien stellt zudem eines der (nach Mittelvolumen) größten evaluierten Vorhaben dar. Eine Betrachtung der 2019/20 evaluierten Projekte nach Mittelvolumen zeigt, dass Vorhaben mit größerer Mittelausstattung in der Gesamtbewertung tendenziell erfolgreicher waren als Vorhaben mit kleinerem Volumen.
Eine gestiegene Anzahl von weltweiten Konflikten führt zu einer verstärkten Umsetzung von Projekten in Konfliktländern. Diese Entwicklung spiegelt sich auch zunehmend in den Evaluierungen: Vor knapp zehn Jahren (Zeitraum 2011/ 2012) wurden 38 FZ-Vorhaben in fragilen Kontexten evaluiert, heute sind es mit 68 fast doppelt so viele. Dabei werden diese Vorhaben häufig in mehreren Phasen implementiert.
Innerhalb des Portfolios in fragilen Ländern nimmt der Bildungssektor eine besondere Stellung ein. Ein Beispiel dafür ist das mehrphasige Bildungsprojekt EQUIP II in Afghanistan: Dieses ist drei Mal verlängert worden und zielt über eine vermehrte Nutzung von Bildungsmöglichkeiten auf eine verbesserte Grundbildung und einen Beitrag zur Reduzierung der Armut ab. Nicht zuletzt aufgrund der fragilen Lage in Afghanistan stellte sich bei diesem Projekt an einigen Stellen Anpassungsbedarf heraus. Beispielsweise wären neben Maßnahmen zur Erhöhung der Kapazitäten von Schulen auch Beiträge zur Verbesserung der Bildungsqualität vonnöten gewesen. Zukünftig empfiehlt sich zudem eine bessere Anpassung der Maßnahmen an die lokal variierenden Sicherheitssituationen. Als positiv stellte sich in diesem Projekt die Einbindung von Gemeinden in die Verwaltung von Schulen heraus. Die von EQUIP II eingerichteten Schulkomitees kümmerten sich um die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler und spielten eine entscheidende Rolle bei der Wiedereröffnung von Schulen, die aus Konfliktgründen geschlossen wurden. Wie wichtig starke lokale Partner für die Projektumsetzung insbesondere in fragilen Kontexten sind, zeigte sich auch am Social Fund for Development im Jemen. Auch wegen eines starken Partners konnte das Projekt regelmäßig verlängert werden und so die Lebensbedingungen von Jugendlichen und Kindern im Jemen verbessern.
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sind Erkenntnisse aus dem Gesundheitssektor von zusätzlichem Interesse. Programme zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten können u.a. wertvolle Schlüsse für den Umgang mit Covid-19 liefern. Die Auswertung relevanter Evaluierungen ergab, dass der Berücksichtigung von grenzüberschreitenden Infektionsdynamiken eine entscheidende Rolle zukommt. Aufgrund einer hohen Mobilität von Personen, auch über Grenzen hinweg braucht es verstärkt regionale Ansätze in Ergänzung zu nationalen. Dies zeigte sich an einem Programm zur Bekämpfung der Tuberkulose im Kaukasus, einer Region mit hoher räumlicher Mobilität der Menschen. Dort war wegen der starken Fokussierung auf eine rein nationale Perspektive die Nachhaltigkeit des Ansatzes nicht gegeben, was sich in der Gesamtbewertung des Projektes als „nicht erfolgreich“ widerspiegelt. Zudem war nur wenig qualifiziertes Personal bereit, sich dem Risiko einer Infektion auszusetzen – ein wichtiger Erkenntnisgewinn für zukünftige Vorhaben dieser Art. Im mehrphasigen Vorhaben zur HIV-Prävention in den CEMAC-Staaten hingegen war die grenzüberschreitende Kooperation ein fester Bestandteil des Programms und hat die Effizienz des Projekts bei gleichzeitig guten Wirkungen auf die reproduktive Gesundheit der Bevölkerung erhöht.
Die Einbindung der lokalen Bevölkerung in die Deklarierung ökologischer Schutzgebiete erhöht die Akzeptanz des Schutzgebietes und ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im grünen Sektor. Ein Projekt zur nachhaltigen Agrarwirtschaftsförderung in Burkina Faso konnte dank partizipativer Ansätze eine gute entwicklungspolitische Wirkung erreichen (Impact Note 2). In die Implementierung, das Management und die Instandhaltung wurden dabei nicht nur die Programmempfangenden mit einbezogen, sondern auch ein Forschungsinstitut, Regierungsinstitute sowie private Akteure wie Finanzinstitute. Eine im Jahr 2020 abgeschlossene Querschnittsauswertung zum Thema Schutzgebiete betonte außerdem die Wirksamkeit von Projekten, die Maßnahmen zur Verbesserung der sozioökonomischen Situation mit Naturschutzmaßnahmen vereinen. Als weiterer Erfolgsfaktor konnte die Kombination einkommensgenerierender Maßnahmen mit Trainings zur Verhaltensänderung identifiziert werden.
Als besonders effektives Evaluierungselement im Sektor Landwirtschaft und Umwelt haben sich Satellitendaten erwiesen. Relevante Variablen wie beispielsweise Waldflächen in Schutzgebieten lassen sich gut durch hoch aufgelöste Satellitenbilder erfassen und Entwicklungen wie Entwaldungstrends können bereits in frühen Stadien erkannt werden. Die Nutzung öffentlich verfügbarer Satellitendaten zur Waldbedeckung beispielsweise ermöglichte Analysen zu Waldverlusten und -zunahmen im Rahmen eines Forstprojekts in Vietnam. Die Analysen zeigen, dass Waldverluste nur bedingt durch Aufforstung ausgeglichen werden konnten, sodass das Vorhaben als „nur bedingt erfolgreich“ bewertet wurde. In einem anderen Evaluierungsvorhaben in Laos konnte die räumliche Verschiebung sogenannter Entwaldungshotspots nachvollzogen werden, die zunehmend auch die geförderten Schutzgebiete bedrohen. Unter anderem zeigte eine neue Methode zur Messung der Waldfragmentierung den Bau einer großen Straße, der beim Besuch vor Ort nicht erwähnt wurde. Gleichzeitig konnten aber auch die guten Impacts der sog. Waldhütermodelle (Community Patrols) auf den Erhalt der Schutzgebiete veranschaulicht werden. Insgesamt haben Vorhaben aus dem Sektor Landwirtschaft und Umwelt dabei einen guten Impact erzielt – der Sektor nimmt die Spitzenrolle für die Durchschnittsnoten des DAC-Kriteriums Impact ein.
Neben den häufiger vergebenen Gesamtnoten 2, 3 und 4 werden in selteneren Fällen besonders erfolgreiche Projekte mit der Note 1 und überwiegend enttäuschende Vorhaben mit der Note 5 bewertet. Im Evaluierungszeitraum 2019-2020 wurden nur im Energiesektor Vorhaben evaluiert, die in der Gesamtbewertung das gesamte Notenspektrum abdecken. Zwei Projekte in Kambodscha im Zusammenhang mit ländlicher Elektrifizierung konnten dabei die Erwartungen übertreffen. Der Neubau einer Stromleitung, einer Umspannstation und eines Stromverteilungssystems trug u.a. zu niedrigeren Strompreisen bei, sodass ein signifikanter Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen geleistet wurde.
Im Wassersektor wurden drei Projekte mit der Note 5 bewertet. Das Projekt „Sondermülldeponien“ in Tunesien hat eine wichtige Erkenntnis untermauert: Die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung – beispielsweise bei der Standortwahl – ist auch hier für den Erfolg eines Projekts entscheidend.
Der Erfolg von Projekten im Bereich Transport/Lagerhaltung war im vergangenen Zwei-Jahres-Zeitraum durchschnittlich, betonte jedoch einmal mehr die Relevanz der DAC-Dimension „Nachhaltigkeit“: Trotz teils bemerkenswerter Effekte einer neu errichteten Infrastruktur zur Flutschädenbeseitigung auf das Verkehrsvolumen in Kambodscha ist die Nachhaltigkeit aufgrund von fehlenden Routinemaßnahmen zur Instandhaltung eingeschränkt. Grund dafür sind fehlende Routinemaßnahmen in der Instandhaltung. Dabei wird Nachhaltigkeit als Kriterium auch immer wichtiger. Insbesondere im Hinblick auf die Förderung der Resilienz der lokalen Bevölkerung bezüglich des Klimawandels ist der Sicherstellung von Instandhaltungsstrukturen große Bedeutung beizumessen.
Dieser Sektor umfasst jene Vorhaben, für die es keinen ausgewiesenen übergeordneten Schwerpunkt gibt. Dazu gehören Vorhaben der Dezentralisierung über Wohnungsbau bis hin zu Reintegration und Wiederaufbau. Ein Beispiel dafür ist ein Vorhaben zur „Reintegration- und Wiederaufbau“ (RPP) in Liberia, das implementiert wurde, während die Ebola Epidemie ausbrach. Dabei konnten die Projektmittel schnell so verwendet werden, dass neben den geplanten Umsetzungen auch der Aufbau von Gesundheitszentren gefördert werden konnte (Gesamtnote 3). Ein sehr positives, nachhaltiges Beispiel im Sektor stammt aus dem Bau ganz anderer Infrastruktur: Durch die Vorhaben zum sozialen Wohnungsbau in Honduras konnte eine Stiftung aufgebaut werden, die auch ohne weiteres FZ-Engagement für Wohnungsbau in den ländlichen Regionen sorgen wird (Note 2).
Das tendenziell abnehmende Engagement der FZ im Bereich der Dezentralisierung spiegelt sich auch im aktuellen Berichtszeitraum wider. Mit den beiden ersten Phasen des Programms FADeC in Benin wurde nur ein Vorhaben evaluiert, welches die Gesamtnote 3 erhielt. Hinter der Bewertung versteckt sich ein innovativer Ansatz zur Transferierung der Auszahlungen an Kommunen durch die Aufnahmen eines Anreizsystems.
Wie auch im vorherigen Zwei-Jahres-Zeitraum dominiert Subsahara-Afrika das Evaluierungsportfolio nach Projektanzahl (56 Projekte). Auch insgesamt zeigt die regionale Verteilung der FZ-Aktivitäten Kontinuität über die Zeit. Einzig Projekte in Nordafrika bzw. im Nahen Osten wurden im Zeitraum 2019-2020 vermehrt evaluiert (32 vs. 15 Projekte in der Vorperiode). Die Gesamtnote der Vorhaben in Subsahara-Afrika fällt durchschnittlich etwas schlechter aus als die Gesamtnote aller evaluierten Vorhaben weltweit. Die im 15. Evaluierungsbericht aufgestellte Hypothese, dass sich die zunehmende Zahl an Projekten in Nordafrika/ im Nahen Osten negativ auf das Gesamtergebnis auswirken könnte, bestätigt sich bislang nicht. Wie auch schon in den Vorperioden schneiden Vorhaben in der Region Asien/Ozeanien am besten ab. Dort wurden über 90 % der Projekte als „erfolgreich“ eingestuft.