Energetische Sanierung öffentlicher Einrichtungen

Westbalkan: Ganzheitlicher Ansatz bei der Gebäudesanierung

Mehr als CO2-Einsparung: Holistisches Konzept der KfW führt zu besserer Energieeffizienz, mehr Komfort und steigender Gesundheit in der Region.

VMA Krankenhaus in Belgrad
Das 1982 eröffnete VMA Krankenhaus in Belgrad ist sanierungsbedürftig.

Es ist eines der größten Krankenhäuser Europas: Das VMA – die Abkürzung verweist auf den Ursprung als „Medizinische Militärakademie“ – in der serbischen Hauptstadt Belgrad verfügt über 17 Operations­säle, mehr als 6.000 Räume und rund 1.200 Betten. Verteilt auf 15 Stockwerke, belegt es eine Fläche von über 180.000 Quadratmetern – das ist eine Größe von mehr als 25 Fußballfeldern. 1982 eröffnet, entspricht das Krankenhaus heute bei Weitem nicht mehr den baulichen und energetischen Ansprüchen. Das VMA ist in die Jahre gekommen.

Darunter leiden sowohl das medizinische Personal als auch die 400.000 Patientinnen und Patienten, die das Krankenhaus trotz aller Mängel im Jahr versorgt.

Die gute Nachricht: Vor zwei Jahren haben die Bauarbeiten für eine umfassende Sanierung des VMA begonnen. Zur Finanzierung stellt die KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung in der ersten von zunächst drei geplanten Bauphasen 50 Millionen Euro bereit. Von der Europäischen Union kommen zusätzlich 5 Millionen Euro.

Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Europäischen Union ist die KfW Entwicklungsbank schon lange in Montenegro, Albanien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und im Kosovo engagiert.

Begonnen hat alles 2012, als die KfW mit der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen in 15 montenegrinischen Schulen beauftragt wurde. Seitdem hat sie im Rahmen von 15 Projekten Baumaßnahmen bei circa 200 Gebäuden finanziert. Ziel des KfW-Engagements in der Region ist die energetische Sanierung öffentlicher Einrichtungen. Dadurch will sie aber nicht nur die Treibhausgase auf dem Balkan mindern. Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz verbessert die KfW auch die Lebenssituation und die Gesundheit der Menschen vor Ort.

Teufelskreis durch verschleppte Investitionen

Der Energieverbrauch in den Westbalkanstaaten liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt. Eine Ursache dafür ist die geringe Energieeffizienz der Gebäude. So fallen 40 % des Energieverbrauchs und mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen in diesem Sektor an. Warum das so ist, zeigt das VMA in Belgrad: Ähnlich wie das Krankenhaus ist der Gebäudebestand insgesamt sehr alt in der Region.

Die Regierung hat zudem nur wenig Geld in die Instandhaltung und die energetische Modernisierung gesteckt. Das ist nicht nur schlecht fürs Klima, sondern führt auch zu angespannten Finanzen. Denn auch auf dem Balkan hat sich Energie in den vergangenen Jahren verteuert. Die maroden, energieintensiven Gebäude belasten daher zunehmend die öffentlichen Haushalte. Das macht es jetzt noch schwerer, die Gelder für die nötigen Modernisierungs­maßnahmen bereitzustellen. Ein Teufelskreis.

Umso wichtiger ist es, dass Institutionen wie die KfW Entwicklungsbank die Finanzierungs­lücken durch Kredite schließen. Die KfW trägt so mit Blick auf die Energieeffizienz­maßnahmen dazu bei, dass Dächer und Wände gedämmt, Keller isoliert und Fenster erneuert werden können. Aber auch die von ihr finanzierte Installation von Wärmepumpen, Biomasseboilern und Photovoltaik­anlagen ermöglichen es, dass öffentliche Gebäude 50 bis 70 % an Energie einsparen können. Das senkt den CO2-Ausstoß und entlastet die angespannten Haushalte.

Grundschule OŠ Alija Nametak in Zenica, Bosnien und Herzegowina
Auch Grundschulen gehören zu den Gebäuden, die energieeffizient saniert werden.

Rechnet man die Treibhaus­reduktionen aller Energieeffizienz­projekte in öffentlichen Gebäuden der KfW auf dem Westbalkan zusammen, ergibt sich eine CO2-Einsparung von etwa 85.000 Tonnen pro Jahr. Der Energieverbrauch hat sich im gleichen Zeitraum um rund 170.000 Megawattstunden reduziert. Auf Basis der aktuellen Marktpreise dürfte das zu einer Entlastung der Haushalte um jährlich 8,4 Millionen Euro führen.

Auch die lokale Wirtschaft profitiert von den Energieeffizienz-Krediten, denn die KfW arbeitet bei der Umsetzung ihrer Programme in der Regel mit Anbietern vor Ort zusammen. Zugleich nutzt der deutsche Mittelstand seine Chance. So haben deutsche Fensterbauer mittlerweile Produktions­stätten in den Balkanländern aufgebaut, um vom Nachhol­bedarf bei der energetischen Sanierung in der Region zu profitieren.

Vorher-Nachher-Vergleich mit neuer Software

Ist eine öffentliche Einrichtung auf dem Westbalkan an einer KfW-Förderung interessiert, muss sie einer energetischen Bewertung des Gebäudes zustimmen. Hierbei setzt die KfW eine Software ein, die sie selbst mit dem Fraunhofer-Institut entwickelt hat. Die Anwendung erstellt einen international anerkannten Energie­ausweis des Gebäudes auf der Basis von EU-Normen.

Fachleute können so einen nachvollziehbaren Vorher-Nachher-Vergleich des Energiebedarfs eines Gebäudes errechnen. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, wie stark eine Sanierungsmaßnahme den Energieverbrauch gesenkt hat. Die Erkenntnisse lassen sich auf zukünftige Projekte übertragen und fördern ein besseres Verständnis der Zusammenhänge im Bereich Energie­effizienz von Gebäuden.

KfW verfolgt ganzheitlichen Finanzierungsansatz

Oft sind es die Bürgerinnen und Bürger, die unter der maroden Infrastruktur leiden. Beispielsweise sind Schulen, durch deren Fenster der Wind zieht, keine gute Lernumgebung. Auch im VMA-Krankenhaus haben Patientinnen und Patienten immer wieder über kalte Zimmer und ein unangenehmes Raumklima geklagt. Aus diesem Grund verfolgt die KfW Entwicklungsbank einen ganzheitlichen Ansatz, der neben der Energieeffizienz auch die Aufenthalts­qualität und strukturelle Maßnahmen im Blick behält.

Klimaanlage und Lüftungsanlage für die oberen Stockwerke des VMA Krankenhauses
Klimaanlage und Lüftungsanlage für die oberen Stockwerke des VMA Krankenhauses

Verbesserungen auf diesen Feldern können etwa durch Sanierungen der Elektro- oder Sanitär­einrichtungen oder durch Optimierungen des Brandschutzes erzielt werden. Um sicherzustellen, dass diese Bereiche bei Investitions­projekten berücksichtigt werden, legt die KfW fest, dass 15 % der Projektbudgets der Aufenthalts­qualität und 35 % strukturellen Maßnahmen zugutekommen müssen. Die verbleibenden 50 % des Budgets sind für herkömmliche Energieeffizienz­maßnahmen vorgesehen.

Das Motto der KfW lautet: Energieeffizienz ist mehr als nur Energiesparen und CO2-Reduktion. So lässt sich mit dem holistischen Konzept der KfW der Lebenszyklus der Gebäude um 30 bis 50 Jahre verlängern. Gleichzeitig zielt der ganzheitliche Ansatz ganz konkret darauf ab, den Komfort und die Gesundheit der Menschen vor Ort zu verbessern.

VMA-Krankenhaus: Weniger Kosten, mehr Komfort

Aktuell finanziert die KfW zehn Projekte in den Westbalkanstaaten. Eines davon ist die Sanierung des VMA-Krankenhauses­ in Belgrad. Es ist das bisher größte Vorhaben, das die KfW in der Region angegangen ist. Das Krankenhaus ist allerdings zu wichtig für Stadt und Land, als dass man es für die Zeit der Umbauarbeiten einfach schließen könnte.

Die Sanierung muss daher bei laufendem Betrieb erfolgen. Und es geht hierbei nicht um ein paar kosmetische Eingriffe: Die sanitären Anlagen, die elektrischen Leitungen, das Heiz-, Ventilations- und Kühlsystem sowie deren Pumpanlagen müssen ausgetauscht werden. Das Dach, die Außenfassade und die Fenster lassen ebenfalls zu wünschen übrig. Auch der Brandschutz und das Gebäude­automatisierungssystem sind nicht mehr State of the Art.

Die genannten Mängel sind nicht ohne Folgen für die Belgrader Klinik geblieben. So verbraucht das VMA 2-mal so viel Strom, 2,5-mal so viel Wärme und 5-mal so viel Wasser wie ein mittleres deutsches Krankenhaus. Durch die umfassende Sanierung sollten sich die Verbräuche des VMA in etwa halbieren – das senkt sowohl die Kosten als auch die CO2-Emissionen. Der Komfort im Krankenhaus wird sich ebenfalls verbessern. Zu den 60.000 Menschen, die schon heute von den Energieeffizienz­projekten der KfW in der Region profitieren, werden dann die 400.000 Patientinnen und Patienten des VMA noch dazu kommen.

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