Am 9. Juli 2025 hält Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan eine Rede vor dem Deutschen Bundestag. Ihre Botschaft ist klar und eindringlich: Der Sudan steht am Rand des völligen Zusammenbruchs. Aber in einer Welt voller Krisen und großen Schlagzeilen bleibt es still um die Katastrophe, die sich dort abspielt. Millionen Kinder sind ohne Zugang zu Bildung, sauberem Trinkwasser und genügend Nahrung. Erschreckende Zahlen: zwölf Millionen Vertriebene und 150.000 zivile Opfer sind zu beklagen. Eine durch den Krieg traumatisierte wächst heran. Und vor allem das Aussetzen der USAID-Hilfsprogramme im Februar 2025 verschärfte die Not im Land dramatisch.
Aber was Reem Alabali-Radovan auch betont: Es gibt Hoffnung. Durch deutsche Entwicklungszusammenarbeit werden Schutzorte - die Makannas (arabisch für unser Raum) - errichtet und geben aktuell 220.000 Kindern in diesem Chaos eine Chance auf Bildung, psychologischen Beistand und eine stabilere Ernährungssituation. Das bedeutet: Hoffnung auf eine gute Zukunft.
Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) implementiert das KfW-Büro Horn von Afrika gemeinsam mit UNICEF das Makanna-Vorhaben. Vulnerable Kinder und Jugendliche erhalten einen verbesserten Zugang zu Grunddienstleistungen wie Bildung, WASH und Kinderschutz. In der aktuell laufenden zweiten Phase kommen zu den bereits 220.000 begünstigten Kindern weitere 240.000 an neuen Standorten in den Regionen Red Sea, Kassala und Gedaref hinzu. Eine weitere, dritte Phase ist, aufgrund des großen Erfolgs, bereits in Planung. Derzeit sind schon 62 Makannas in den Regionen River Nile und Northern State in Betrieb. Sie bieten auch Schutz und Stabilität für Kinder, die durch Krieg und Flucht von ihren Familien getrennt wurden. Und die Erfolge sind nicht nur in Zahlen zu messen: Eltern berichten, dass die Makanna-Zentren für Kinder ein Gefühl der Normalität in all dem Chaos geben können. UNICEF beobachtet insgesamt eine rege Teilnahme vor allem an Lernaktivitäten. Und vor allem eines kann das Vorhaben für die Kinder vor Ort bewirken: Sie wissen, dass sie von uns nicht vergessen werden.
Proscovia Nakibuuka Mbonye (UNICEF) erzählt die Geschichte der elfjährigen Rabha, die aus Khartoum geflohen ist und zum ersten Mal in ihrem Leben im Makanna October North zur Schule geht.
Zum ersten Mal in ihrem Leben kann die 11-jährige Rabha lesen, schreiben und rechnen. Das Mädchen, vertrieben aus Khartum, sitzt vorne in der Klasse, hört aufmerksam zu und nutzt jede Gelegenheit, um auf die Fragen der Lehrerin zu antworten. Zu Hause besuchten Rabha und ihre Geschwister die religiöse Schule, auch Khalwat genannt, wo sie hauptsächlich den Koran auswendig lernte. Wenn sie ihre Mitschüler in Uniform und mit Rucksäcken zur Schule gehen sah, fragte sie sich immer, warum sie nie die Möglichkeit hatte, sich ihnen anzuschließen. Aber die Antwort ihrer Mutter war immer die gleiche: „Ich habe kein Geld.“
Als Rabha aus Khartoum in den von UNICEF unterstützten sicheren Makanna October North in Gedaref kam, hatte sie viele Fragen. Hier machte sie viele Dinge zum allerersten Mal, liebevoll begleitet von ihrer Lieblingslehrerin Fatima. Hier hörte Rabha zum ersten Mal Menschen Englisch sprechen; lernte lesen, schreiben und zählen. „In ihrer ersten Englischstunde fragte sie mich, was diese seltsame Sprache sei. Sie hatte noch nie davon gehört“, sagt Fatima. Hier erhielt Rabha auch zum ersten Mal einen UNICEF-Rucksack, in dem sie ihre Bücher aufbewahren kann – ein Gegenstand, der ihr lieb und teuer ist.
Das Makanna, in dem Rabha sich geborgen fühlt, beherbergt dank der Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch die KfW Entwicklungsbank täglich über 300 Kinder aus aufnehmenden Gemeinden und aus Flüchtlingscamps. Unterstützt von geschulten Betreuern nehmen die Kinder an verschiedenen Aktivitäten teil, darunter Spiel, Theater, Clubs, Kunst und Zeichnen sowie Lernmethoden. In einer kleinen Klasse sitzt Rabha mit Gleichaltrigen zusammen und hört der Lehrerin aufmerksam zu. Es war eine lange und abenteuerliche Lernreise für das Mädchen. In einer Mathematikstunde lernen sie zu zählen und zu addieren. Freiwillig tritt Rabah vor und zählt von eins bis zehn. „Ich melde mich gerne im Unterricht - und wenn ich die richtigen Antworten habe, applaudieren mir alle“, sagt Rabha. Ohne sichere Lernorte wie diesen hätte Rabha nicht die Möglichkeit gehabt, die Schule zu besuchen und zu lernen. „Als wir in Gedaref ankamen, öffneten sie die Schulen für uns“, erzählt sie. Sie greift nach ihren Heften, die sicher im Rucksack verstaut sind. „In Khartum hatte ich keine Tasche, ich hatte nur eine Holztafel und einen holzstabähnlichen Stift. Aber als ich hierherkam, habe ich gelernt, in Hefte und an die Tafel zu schreiben.“ Neben dem Lernen genießt Rabha auch sportliche Aktivitäten in der Einrichtung. Ihr Lieblingsspiel ist Seilspringen.
Wenn Rabha nicht im Unterricht ist, hüpft sie draußen, spielt Tauziehen und musiziert mit Freunden. Ihre größte Sorge ist es, nicht mehr lernen zu dürfen. Durch ihre Lehrerin Fatima hat sie gelernt, dass Bildung für Kinder, insbesondere für Mädchen, einen entscheidenden Unterschied machen kann. „Für mich ist Bildung sehr wichtig. Ich möchte lernen“, betont Rabha. Sie sehnt sich zwar nach ihrer Heimat, aber der Gedanke, ihr Zuhause gegen Bildung einzutauschen, quält sie. Sie würde lieber in Gedaref bleiben, um zu lernen. Sie ist stolz auf die Fortschritte, die sie auf ihrem Weg gemacht hat. Dank der Kompetenzen und des Selbstbewusstseins, die sie in den Clubs erworben hat, ist Rabha nicht mehr zu bremsen und hat ihren zukünftigen Beruf bereits fest im Blick: "Ich möchte Lehrerin werden, denn als ich im Unterricht nichts wusste, hat mir ein Lehrer geholfen."
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