Viele Kinder in Burkina Faso leiden schon in den ersten Lebensjahren an Mangelernährung. Dabei ist die richtige Ernährung nie so wichtig wie zu Beginn des Lebens. In diesem Projekt in der Provinz Ioba im Südwesten von Burkina Faso erhalten junge Mütter Transferzahlungen und Trainings. Ziel ist es, die Mangelernährung der Neugeborenen und jungen Kinder zu reduzieren und so langfristig die Weichen für eine positivere Zukunft zu stellen. Die Evaluierung untersucht die langfristigen Wirkungen dieser Zahlungen auf Mütter, Kinder und die Dorfgemeinschaft.
Burkina Faso zählt zu den ärmsten Ländern der Welt: Der Human Development Index (HDI), der auch als Wohlstandsindikator bekannt ist, setzt das Land auf Platz 182 von 189 Nationen. Verstärkt durch den Klimawandel stellen regelmäßige Dürren und Landdegradierung die Ernährungssicherheit der wachsenden Bevölkerung vor erhebliche Herausforderungen. Dies gilt insbesondere für den ländlichen Raum und im Speziellen für schwangere Frauen und Kleinkinder. Denn für Kinder ist eine bedarfsgerechte Ernährung in den ersten 1.000 Lebenstagen entscheidend. Fehl- und Mangelernährung beeinträchtigen die kognitive Entwicklung und physische Gesundheit von Kindern nachhaltig. Nach Angaben des United Nations Development Programme (UNDP) leiden 25 % der Kinder unter fünf Jahren in Burkina Faso an Wachstumsstörungen.
Das Vorhaben soll die Ernährungssicherheit von bis zu 15.000 (werdenden) Müttern und deren 18.000 Kleinkindern in der Provinz Ioba im Südwesten Burkina Fasos verbessern. Drei Jahre lang erhalten die Frauen quartalsweise Zahlungen. Teilnahmeberechtigt sind schwangere Frauen und Mütter von Kindern unter zwei Jahren. Um zuverlässige Transfers via Mobile Money zu gewährleisten, werden die Frauen in der Beantragung von Ausweisdokumenten unterstützt und mit einem Mobiltelefon ausgestattet. Diese Aspekte inkludieren Frauen finanziell und befähigen sie dazu, ihre wirtschaftlichen und politischen Rechte wahrzunehmen. Zusätzlich werden die Schwangeren und werdenden Mütter zu Sensibilisierungskampagnen zu den Themen Ernährung, Hygiene und Gesundheit eingeladen. Die Kampagnen werden in lokalen Frauengruppen, aber auch durch Film- oder Theatervorführungen und über das Radio an die Frau gebracht.
Das Vorhaben hat primär die teilnehmenden Frauen und ihre Kinder im Fokus, aber auch die Gemeinschaft und deren lokale Wirtschaft. Hauptziel der Begleitevaluierung ist es, diese Wirkungen – erwartete und unerwartete – kausal zu erfassen. Dafür werden sowohl qualitative als auch quantitative Daten auf Ebene der Frauen, ihrer Kinder, Gemeinden, Märkte und Krankenstationen erhoben. Die Datenerhebungen werden vor Vorhabensbeginn (Baseline), ein Jahr später und drei Jahre nach Vorhabensbeginn durchgeführt. Anhand der Analysen werden belastbare Erkenntnisse für eine mögliche Ausweitung des Vorhabens auf andere Regionen gewonnen. Folgende Fragen können so beantwortet werden: Kamen die Transferzahlungen bei den Frauen an und haben die Targeting-Kriterien tatsächlich funktioniert? Was haben die Frauen über Ernährungssicherheit und -praktiken gelernt und wie wirkt sich das auf ihr Verhalten aus? Hat die Teilnahme am Vorhaben die physische, aber auch psychische Gesundheit der Frauen und Kinder verändert – konnten beispielsweise Wachstumsstörungen unter Kindern abgewandt werden? Wie wurde das Vorhaben in der Gemeinde und innerhalb der Familien aufgenommen und wie spiegelt sich dies in häuslicher Gewalt und nachbarschaftlichen Konflikten wider? Gab es negative Auswirkungen - zum Beispiel auf die Nahrungsmittelpreise - durch veränderte Nachfragemuster? Haben kurzfristig erkennbare Wirkungen auch drei Jahre nach Vorhabensbeginn noch Bestand?
Um all diese Fragen beantworten zu können, wird ein sogenannter "Regression Discontinuity" Ansatz angewandt.
Angenommen, vor Projektbeginn liegt die durchschnittliche Kalorienzufuhr von Kindern im Alter von ein bis drei Jahren bei 800 kcal (Kilokalorien). An Familien mit Kindern unter zwei Jahren werden dann Transferzahlungen geleistet, während an Familien mit Kindern über zwei Jahren diese Leistungen nicht gezahlt werden. Dieses klare Targeting-Kriterium kann zur Identifizierung der Wirkungen genutzt werden. Es wird angenommen, dass Mütter und deren Kinder im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren vergleichbar sind zu Kindern im Alter von zwei bis zweieinhalb Jahren. Um erste Informationen zu diesen Kindern und den Haushalten zu bekommen, werden die Haushalte vor Projektbeginn befragt.
Nach Ende des Projektes sind die Kinder drei Jahre älter. Somit werden Mütter und deren Kinder im Alter von viereinhalb bis fünf Jahren verglichen mit Müttern und deren Kindern im Alter von fünf bis fünfeinhalb Jahren. Dazu werden die Haushalte erneut befragt. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vorherigen Befragung kann in dem Beispiel die Wirkung der Maßnahme quantifiziert werden: Die Kalorienzufuhr der Kinder steigt in diesem fiktiven Beispiel mit dem Alter und liegt bei Kindern in der Vergleichsgruppe bei 1.100 kcal. Bei Kindern, die Teil des Projektes sind, steigt der Wert auch, jedoch auf 1.300 kcal. Dies sind 200 kcal oder ca. 18 Prozent mehr als bei Kindern, die nicht Teil des Projektes sind.