Meldung vom 20.01.2022 / KfW Entwicklungsbank

Perspektive Europa: Serbien auf dem Weg in die EU

Kläranlage in Krusevac, Serbien
Umwelt- und klimagerechte Abwasserentsorgung: zwei moderne Kläranlagen, die nach EU-Standards arbeiten, gingen unlängst in Betrieb.

Seit 2014 verhandeln Serbien und die Europäische Union über einen Beitritt des Landes in die Staatengemeinschaft. Die KfW fördert die Entwicklung des Landes schwerpunktmäßig bei den Themen Stadtentwicklung, Energie/Umwelt und Beschäftigung.

Mit 7 Mio. Einwohnern ist Serbien der größte der Staaten, die aus dem 1991 zerfallenen Jugoslawien hervorgegangen sind. Zwei dieser Länder sind bereits Mitglieder der EU geworden, Slowenien (2004) und Kroatien (2013). Neben Serbien sind auch Nordmazedonien und Montenegro seit einigen Jahren offizielle Beitrittskandidaten.

Deutschland ist Serbiens wichtigster Handelspartner, sowohl beim Export als auch beim Import. Aufgrund seiner Größe und seiner politischen und ökonomischen Bedeutung für diese Region nimmt Serbien in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Südosteuropa eine zentrale Rolle ein. Dementsprechend intensiv ist die KfW im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in dem Land engagiert. Die Entwicklungszusammenarbeit mit Serbien begann im Jahr 2000. Bis 2020 stellte die KfW mehr als 2 Mrd. EUR an Fördermitteln zur Verfügung.

Unter der Beitrittsperspektive weitet sich auch die Kooperation der KfW mit der EU aus. Arbeiten beide schon jetzt in Serbien bei 18 Projekten mit einer Gesamtinvestitionshöhe von 42 Mio. EUR zusammen, so sind Vorhaben im Volumen von weiteren 80 Mio. EUR in der Pipeline.

Auch in Zukunft wächst das Engagement der KfW. Laufende und fest geplante Projekte zusammengerechnet, hat die deutsche Bundesregierung in der Finanziellen Zusammenarbeit mit Serbien aktuell rund 1,4 Mrd. EUR zugesagt: 700 Mio. EUR für Energie und Umwelt, 340 Mio. EUR für Wachstum und Beschäftigung und 330 Mio. EUR für Stadtentwicklung. Alle Investitionen zielen auf eine nachhaltige ökonomische und ökologische Entwicklung und die Verbesserung der Lebensqualität der serbischen Bevölkerung. Sie helfen dem Land, sich den EU-Standards anzunähern, die zu erreichen Voraussetzung einer EU-Mitgliedschaft sind.

„Wir wollen auf den Gebieten Energieeffizienz, Energiewende und grüne Agenda das führende Land in der Region sein“, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin und Energieministerin Zorana Mihajlović im Herbst 2021 beim Besuch eines Fernwärme-Heizkraftwerks in Mali Zvornik, „die KfW ist dabei ein wichtiger Partner“. In der Kleinstadt an der bosnischen Grenze steht eines von zwei mit Holzschnitzeln betriebenen Heizkraftwerken, das die KfW mit einem zinsverbilligten Darlehen und Zuschüssen finanziert. Außerdem unterstützt die Schweiz das Vorhaben mit einem Mandat an die KfW. Es sind die ersten größeren Biomasse-Kraftwerke im serbischen Fernwärmesektor, der ein Viertel der Bevölkerung versorgt. Bisher wurden für die Wärmeproduktion fast ausschließlich fossile Brennstoffe eingesetzt. Zwei weitere Biomasse-Heizkraftwerke werden 2022 und 2023 ans Netz gehen.

Neue Fabrik in Serbien
Das Fernwärmekraftwerk in Priboj / Westserbien wird mit zertifizierter Biomasse aus Holzschnitzeln befeuert – ein Leuchtturmvorhaben der deutsch-serbischen Zusammenarbeit.

Serbien hat beim Einsatz regenerativer Energie insgesamt einen gewaltigen Nachholbedarf. Elektrizität gewinnt das Land erst zu 1 % aus Sonne und Wind. In der Vergangenheit spielte vor allem Wasserkraft eine große Rolle, auch mit Unterstützung der KfW. Mittlerweile liegt der Fokus beim Ausbau regenerativer Energien auf Wind und Sonne – Anfang 2022 soll ein Bauvertrag für einen 66 MW-Windpark in der Nähe der bisher durch Kohlekraftwerke dominierten Stadt Kostolac unterschrieben werden. Neben grünem Strom bilden auch der Neubau von Überlandleitungen und die energieeffiziente Sanierung von Gebäuden wichtige Pfeiler für einen Weg in Richtung Energiewende. Die „Strategic Cooperation on Climate Action“, die von Serbien und Deutschland im Herbst 2021 unterzeichnet wurde, wird die „Beziehungen beider Länder weiter verbessern“, sagt Dr. Klaus Müller, Abteilungsleiter der KfW, und hebt hervor, dass dank der von der KfW mitfinanzierten Vorhaben allein im Energiebereich „450 000 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr weniger in die Atmosphäre gelangen“.

Mit Projekten zur Förderung einer nachhaltigen und klimagerechten Stadtentwicklung hat die KfW schon etwa 25 % der Bevölkerung erreicht. Der Umgang mit Abfall und Abwasser liegt in Serbien noch im Argen. Müll landet zumeist auf ungesicherten Kippen, kaum mehr als die Hälfte der Haushalte sind ans Abwasserkanalnetz angeschlossen, nur 13 % des Abwassers werden gereinigt. Von der KfW unterstützte Projekte haben die Wasserversorgung in 20 Städten verbessert, durch effizienteren Wasserverbrauch und Senkung der Leitungsverluste. Kläranlagen wurden gebaut, die nach EU-Standards arbeiten. Daher widmet sich die KfW in den nächsten Jahren vorrangig der umwelt- und klimagerechten Abwasser- und Abfallentsorgung. Zwei Kläranlagen, die nach EU-Standards arbeiten, wurden im letzten Jahr bereits in Betrieb genommen, weitere werden in den kommenden Jahren folgen. In insgesamt drei Regionen sollen die Abfallentsorgung EU-konform ausgebaut und Elemente einer Kreislaufwirtschaft gefördert werden.

Der dritte Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit mit Serbien ist die Förderung nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums und sicherer Beschäftigung. Serbien ist eines der ärmsten Länder Europas, rund ein Viertel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, die Arbeitslosenrate ist hoch. Um die Situation zu verbessern, gewährt die KfW über lokale Geschäftsbanken Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen (KKMU) Kredite. Bislang profitierten davon über 80.000 Unternehmen. Die KfW fördert seit letztem Jahr auch Start-Ups über eine Kreditgarantiefazilität der eigens dazu gegründeten Serbian Entrepreneurship Foundation und verbessert die berufliche Bildung über den Regional Challenge Fund in Zusammenarbeit mit dem Zusammenschluss der Industrie- und Handelskammern der Westbalkan-Region sowie künftig auch mit dem serbischen Bildungsministerium. Diese Unterstützung gewinnt besondere Bedeutung angesichts der Corona-Pandemie, die besonders die vielen prekär Beschäftigten und Kleinstunternehmen hart getroffen hat.

Seit anderthalb Jahren vertritt Rüdiger Hartmann die KfW als Leiter des Büros Belgrad in Serbien. Er sagt: „Wir sind hier mitten in Europa. Zu der engeren Zusammenarbeit zwischen der EU und Serbien gibt es gar keine Alternative. Mir persönlich macht es Freude, mich jeden Tag für diese Annäherung einzusetzen“.