Bisher wurde das Thema Gender durch unsere Evaluierungen nicht gezielt in den Fokus genommen. Je nach Sektor und Projekttyp betrachteten wir Genderaspekte des zu evaluierenden Vorhabens in unterschiedlicher Breite und Tiefe. Durch die Einführung der für alle Durchführungsorganisationen geltenden Standard-Evaluierungsfragen eröffnete sich aus Sicht der FZ Evaluierung ein „Window of Opportunity“, um auch dieses zentrale Thema Gender systematisch in unseren Evaluierungen zu verankern.
In enger Zusammenarbeit mit dem für Genderfragen zuständigen Kompetenz Center in der KfW Entwicklungsbank nahmen wir vier zusätzliche Evaluierungsfragen in den Fragenkatalog auf. Diese sortieren sich in den OECD-DAC Kriterien Relevanz, Effektivität und Nachhaltigkeit ein und nehmen explizit die gendersensible Ausgestaltung und die Genderwirkungen des zu evaluierenden Vorhabens in den Blick. Als zusätzliche Verankerung des Themas schärften wir einige der Standard-Evaluierungsfragen im Hinblick auf Genderaspekte.
Wir zielen als Evaluierungsabteilung darauf, durch die systematische Verankerung von Evaluierungsfragen rund um das Thema Gender, zielgerichtet Schlussfolgerungen und Lessons Learnt aus den evaluierten Vorhaben über alle Sektoren hinweg ableiten zu können.
... dass wir nach den sechs Kriterien des Organization for Economic Cooperation and Development (OECD)/Development Assistance Committee (DAC) evaluieren?
Und zwar nach
Bis Ende des Jahres 2022 wandten wir die genderspezifischen Evaluierungsfragen bei 18 Evaluierungen in zwölf Ländern und sieben verschiedenen Sektoren an. Wir lernen aus einem Bildungsvorhaben in Jordanien, dass im Zuge des Vorhabens Beschäftigungsmöglichkeiten rund um den Schulbetrieb sowohl für Männer als auch für Frauen geschaffen wurden. Im Zuge der Evaluierung wurde deutlich, dass üblicherweise die von Frauen ausgeführten Tätigkeiten, wie z. B. Reinigung, Spielplatzaufsicht, etc. mit deutlich weniger wöchentlichen Arbeitsstunden einher gingen als die in der Regel durch Männer übernommenen Tätigkeiten (Hausmeister, Supervisor, Lageristen). Dies führte zu geringeren monatlichen Einkommen von Frauen und damit zu einer nicht gewollten Benachteiligung der im geringqualifizierten Bereich arbeitenden Frauen gegenüber den Männern. Dieser Aspekt sollte bei zukünftigen Projekten berücksichtigt und eine Benachteiligung von vornherein möglichst verhindert werden.
Aus einem Finanzsektorvorhaben in Pakistan lernen wir, dass bei einer gezielten Förderung von Frauen die reine Fokussierung auf den Anteil der weiblichen Kreditnehmenden irreführend sein kann, da diese nicht notwendigerweise über die Kreditverwendung bestimmen können. Was in Fällen, in denen die Kredite nicht mehr bedient werden können, die Vulnerabilität der Frauen als offizielle Kreditnehmer erhöhen könnte. Gleichwohl können Kredite gerade für alleinstehende (geschieden, verwitwete) Frauen wertvolle Einkommensmöglichkeiten eröffnen. Eine Erkenntnis aus der Evaluierung diesbezüglich ist es, die Quote für Kredite an Frauen durch eine Quote für Kredite an weiblich geleitete Haushalte und Kleinstunternehmen zu ersetzen. Zudem zeigten in dem entsprechenden Kontext Frauen an Kreditprodukten deutlich geringeres Interesse als Männer. Frauen hatten hingegen erhöhtes Interesse an Sparprodukten. Eine Erkenntnis, die im Design des Vorhabens noch nicht ausreichend aufgegriffen wurde.
Die vergleichsweise kleine Anzahl von Vorhaben, bei denen die systematischen genderspezifischen Evaluierungsfragen bereits angewandt wurden, zeigt auch, dass einige der Fragen eher allgemein beantwortet werden. Hier sind wir zuversichtlich, dass wir bei zukünftigen Evaluierungen, auch durch eine bessere Verankerung der Themen in der Konzeption und Ausgestaltung, gezieltere Lessons Learnt in Hinblick auf gendersensible Ausgestaltung und -wirkungen herauskristallisieren können und diese für die Gestaltung zukünftiger Vorhaben nutzbar machen können.