Meldung vom 19.10.2021 / KfW Entwicklungsbank

FRiT-Programm fördert die Integration junger Flüchtlinge in der Türkei

KfW und EU unterstützen Schulen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Menschen vor Quickscreen mit Logos
Eröffnung des Sportfestes zur Integration junger Flüchtlinge in der türkischen Stadt Gaziantep.

Seit 2016 fördert die EU mit 6 Mrd. EUR die Integration syrischer Flüchtlinge in der Türkei unter FRiT („Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei“). Die KfW wurde als maßgeblicher Finanzier unter dieser Fazilität ausgewählt und stellt im Rahmen des Programms vor allem Mittel für Schulbauten, berufliche Bildung und Jugendeinrichtungen zur Verfügung. Diese Partnerschaft trägt nun konkrete Früchte.

Sevilay Öztürk machte den syrischen Kindern in der türkischen Stadt Gaziantep Mut. „Gebt niemals auf“, rief die 17-jährige Türkin ihnen zu während der Eröffnung eines Sportfestes zur Integration junger Flüchtlinge. Öztürk selbst ist ein Beispiel dafür, was Willenskraft möglich machen kann. Von Geburt an schwerbehindert – sie kam ohne Arme auf die Welt -, hat sie sich über den Sport Anerkennung verschafft. Zweimal schon nahm sie an den Paralympics teil, in Rio de Janeiro und Tokio, wo sie in diesem Jahr eine Bronzemedaille im Rückenschwimmen gewann.

Den Bau von 28 Sport- und Jugendzentren in Ostanatolien finanziert die KfW im Auftrag der Europäischen Union. „Gemeinsame Freizeitaktivitäten sind wichtig für den Zusammenhalt von syrischen Flüchtlingen und türkischen Gastgebern“, sagte Klaus Müller, KfW-Abteilungsleiter Südosteuropa und Türkei, bei der Eröffnung des Sportzentrums, zu dem Fußballplätze und eine Leichtathletikanlage mit Laufbahn gehören.

Das Projekt ist Teil des FRiT genannten Abkommens zwischen der EU und der Türkei. Es begann 2016 und läuft vorerst bis 2025. Die finanziellen Zusagen belaufen sich auf 6 Mrd. EUR, die je zur Hälfte von der EU und den EU-Mitgliedsländern kommen. Von ihren Kooperationspartnern erwartet die EU dabei eine schnelle, wirksame und effiziente Umsetzung der Vorhaben. 690 Mio. EUR beträgt der Beitrag der KfW, die Nikolaus Meyer-Landrut, EU-Botschafter in der Türkei, als „verlässlichen Partner der EU“ bezeichnet. Die KfW zählt zu den größten Finanziers des EU-Programms, an dem sich neben humanitären Organisationen unter anderem auch die Weltbank und die Europäische Investmentbank beteiligen.

Vier Millionen Flüchtlinge leben in der Türkei, kein Land auf der Welt beherbergt mehr. 90 % von ihnen kommen aus dem Nachbarland Syrien, die anderen aus Afghanistan, Irak, Iran und Somalia. Der erbittert geführte Bürgerkrieg in Syrien dauert nun schon seit 2011. In dieser Zeit haben rund 10 Mio. Syrerinnen und Syrer wegen der lebensbedrohlichen Auseinandersetzungen ihr Land verlassen.

Integration beginnt in den Schulen und beim Sport

Das besondere Augenmerk des bisher in zwei Tranchen aufgeteilten FRiT-Programms gilt den 1,2 Mio. syrischen Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter. Gerade die Mittel für die jungen Migrantinnen und Migranten dienen der Integration der syrischen Gemeinschaft in die türkische Gesellschaft.

Alle Projekte, die die KfW im Rahmen von FRiT und in Absprache mit den zuständigen Ministerien der türkischen Regierung fördert, sind an diesem Ziel ausgerichtet. Mit 425 Mio. EUR fließt der Hauptanteil des KfW-Beitrags in den Neubau und die Ausstattung von 344 Schulen. Sie werden überwiegend in türkischen Kommunen gebaut, denn weniger als zehn Prozent der aus Syrien geflohenen Menschen leben in Flüchtlingscamps. 74 Schulen sind bereits fertig gestellt und haben ihre Türen für den Unterricht geöffnet. Syrische und türkische Kinder besuchen die Schulen gemeinsam, was die Integration stärkt.

Bereits 2018 begann in der ersten von der KfW finanzierten Schule in Gaziantep der Unterricht. Die ostanatolische Stadt, mit 2,1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern die siebtgrößte Kommune der Türkei, liegt in der Nähe der Grenze zu Syrien. Allein hier, kaum zwei Autostunden von der syrischen Millionen-Stadt Aleppo entfernt, lebt eine halbe Million syrischer Flüchtlinge. Zum Vergleich: In Hamburg, kaum kleiner als Gaziantep, wohnen knapp 50 000 Geflüchtete.

Gazianteps Bürgermeisterin Fatma Sahin kümmert sich intensiv um die Vertriebenen aus dem Nachbarland, was ihr vor einem Jahr den italienischen Minerva-Preis für besondere Verdienste von Frauen in der Welt eintrug. „Ich hoffe, dass wir mit dem, was wir in Gaziantep tun, Vorbilder sein können“, sagte Sahin, die zusammen mit der Paralympics-Athletin Öztürk zur Einweihung des Sportzentrums kam.

Insgesamt 25 Mio. EUR stellt die KfW im Auftrag der EU für den Bau von 25 Sporthallen, Sportanlagen im Freien und Jugendzentren zur Verfügung. Im Vordergrund steht dabei der Gedanke, dass junge Menschen aus beiden Ländern besser miteinander klarkommen, wenn sie ihre Freizeit zusammen verbringen können. Etwa 120 000 Jugendliche, so die Schätzung, lassen sich mit diesen Angeboten erreichen.

Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erhöhen

Ferner kümmert sich die KfW im Rahmen des FRiT-Programms um die berufliche Bildung junger Geflüchteter und türkischer Heranwachsender, damit sie bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten. 125 Mio. EUR werden für dieses Vorhaben ausgegeben, unter anderem wurden 1200 Lernwerkstätten in 55 Schulen ausgestattet und bereichern den Unterricht. Auch Stipendien werden davon bezahlt, um Schülerinnen und Schülern überhaupt erst eine berufliche Ausbildung zur ermöglichen und später den Eintritt ins Berufsleben zu erleichtern.

Und schließlich fließen 75 Mio. des KfW-Portfolios an syrische und türkische KKMUs (kleinste, kleine und mittlere Unternehmen). Die Finanzhilfen sollen die Betriebe dabei unterstützen, Arbeitslose oder informell Beschäftigte regulär anzustellen.

Die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu verbessern wird ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit von EU und Türkei in der „Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei“ bleiben und damit auch des Engagements der KfW in dem Programm. Denn je länger die syrischen Flüchtlinge in türkischen Kommunen leben, weil an eine Rückkehr in die Heimat nicht zu denken ist, je besser sie integriert werden, umso wahrscheinlicher wird es, dass sie dauerhaft eine Zukunft auf türkischem Boden sehen.