Meldung vom 21.07.2021 / KfW Entwicklungsbank

Perspektive Europa: Georgien auf der Schnellspur

Die KfW unterstützt das Land im Kaukasus bei der Reform des Energiesektors

HVDC-Umspannstation
Die HVDC-Umspannstation Akhalzikhe an der türkisch-georgischen Grenze verbindet den Kaukasus mit dem europäischen Stromnetz.

Die Richtung ist klar: Georgien setzt auf Europa. Das Land plant im Jahr 2024 den Antrag auf EU-Mitgliedschaft zu stellen. Um eine Aufnahmeperspektive zu erhalten, sind noch Reformen nötig. Im Auftrag der deutschen Bundesregierung unterstützt die KfW zusammen mit der EU, der französischen Entwicklungsbank AFD und weiteren Partnern die Anstrengungen des Landes, sein Ziel zu erreichen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Energiesektor.

Ein neues Energiegesetz, der Ausbau der Strominfrastruktur und die Förderung erneuerbarer Energien – Georgien verstärkt seine Anstrengungen, um in die EU aufgenommen zu werden. „In Georgien sind sich alle einig, dass eine Annäherung an die EU das politische Ziel ist. Darin unterscheidet sich das Land von anderen in der Region, wo diese Zielsetzung nicht immer Konsens ist“, sagt Hans Rieck, verantwortlicher Portfoliomanager im KfW-Büro in Tiflis. Georgien gehört zu den Ländern, die ihren Weg nach Europa engagiert vorbereiten, vergleichbar etwa mit der Ukraine. Der gewaltsame Konflikt um die Regionen Süd-Ossetien und Abchasien 2008 entfremdete Georgien vollends vom großen Nachbarn Russland. Seither setzt Georgien ganz auf die EU-Karte.

Kredite an die Umsetzung von Reformen geknüpft

Um dieses Ziel zu erreichen, muss unter anderem der Energiesektor von Grund auf reformiert werden. Dabei geht es um neue Gesetze, Regularien und technische Voraussetzungen. Das reformierte Energiegesetz ist bereits verabschiedet. Die KfW unterstützt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und gemeinsam mit der französischen Entwicklungsbank AFD die Neuerungen in Form einer langjährigen Finanzierung über Policy Based Loans. Dabei handelt es sich um Kredite, deren Auszahlung an die Umsetzung bestimmter, gemeinsam vereinbarter politischer Schritte gebunden ist. Für die aktuelle, vierte Phase der Reformfinanzierung vereinbarte die KfW 2020 mit Georgien ein Darlehen über bis zu 90 Mio. EUR.

„In den vergangenen 20 Jahren ist Deutschland zu einem der wichtigsten Partnerländer Georgiens geworden, das uns dabei unterstützt, Investitionen anzuschieben, Energieinfrastrukturprojekte umzusetzen und die Nutzung erneuerbarer Energien voranzubringen", sagt David Tvalabeishvili, stellvertretender Minister für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung Georgiens.

zwei Männer unterschreiben Vertrag
Der georgische Finanzminister Ivane Machavariani (sitzend, rechts) unterzeichnet mit KfW-Abteilungsleiter Olaf Zymelka den Darlehensvertrag zum Abschluss der 2. Phase der Sektorreform.

Schlüsselstellung beim regionalen Stromhandel

Auch bei der Umsetzung des Energieprogramms mit der KfW geben die Georgier Vollgas. „Die Sektorreform war auf vier Jahre angelegt und wird nach fünf Jahren im Wesentlichen umgesetzt sein. Das ist rekordverdächtig schnell“, bilanziert Hans Rieck im Rückblick auf seine Erfahrungen mit den georgischen Partnern. Der Energiesektor ist ein Schlüsselbereich der EU-Annäherung, denn Georgien nimmt eine exponierte Stellung im regionalen Stromhandel im Kaukasus ein.

Vor diesem Hintergrund finanziert die KfW etwa die Anbindung der Infrastruktur Georgiens an die der Türkei, so dass eine Durchleitung in Richtung der EU möglich wird. Parallel dazu intensivieren die kaukasischen Anrainerstaaten ihre Bestrebungen, den regionalen Stromhandel im gegenseitigen Interesse auszuweiten, wobei Georgien wiederum eine Vorreiterrolle einnimmt. Ein Ausbau der Stromübertragungsleitungen nach Armenien und Russland ist angedacht. „Jetzt geht es darum, dass der regulatorische Rahmen für einen transparenten grenzüberschreitenden Stromhandel nach international anerkannten Regeln geschaffen wird“, verdeutlicht Hans Rieck. Er ruft in Erinnerung, dass „sich eine solche umfassende Reform bei allem politischen Willen auch gegen Bedenkenträger durchsetzen und Akzeptanz schaffen muss. Bürger haben Vorbehalte, weil sie eine Teuerung befürchten.“

Pandemie schwächt Wirtschaftsentwicklung

Die COVID-19 Pandemie hat auch der georgischen Wirtschaft Rückschläge beschert, insbesondere der Tourismussektor ist betroffen. Nach einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts 2020 um fast fünf Prozent wird für 2021 eine leichte wirtschaftliche Erholung erwartet. Die Regierung hat besonnen reagiert und groß angelegte Hilfspakete für Familien und Unternehmen zur Verfügung gestellt, um die Auswirkungen der Pandemie abzufedern. Eine verbesserte Stromversorgung, der Ausbau der erneuerbaren Energien und eine optimierte Energieeffizienz von Gebäuden dienen allen Wirtschaftspartnern, so dass eine Erholung nach dem Ende der Pandemie erleichtert wird. Die große Bereitschaft der Georgier, weiter auf die EU zuzugehen, spiegelt sich auch in ihrem Engagement für das KfW-Vorhaben: „Es macht Spaß, mit den georgischen Partnern zu arbeiten, weil wir uns immer einig waren, wohin die Reise gehen soll.“, sagt Hans Rieck.