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Meldung vom 07.11.2019 / KfW Entwicklungsbank

Mehr Menschen – Mehr Glück?

Grafik mit Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung

Im Jahr 2050 werden fast 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben – und das ist nur das mittlere Szenario der Vereinten Nationen. Allein in Sub-Sahara-Afrika wird sich die Bevölkerung beinahe verdoppeln. Es gibt eine Chance auf die „demographische Dividende“ mit beschleunigter wirtschaftlicher Entwicklung. Auf der anderen Seite bringt jedoch eine schnell wachsende Bevölkerung zusätzliche Herausforderungen für Ernährung, Infrastruktur, den Arbeitsmarkt und den sozialen Frieden, ganz besonders in den ärmsten Ländern der Welt.

Was der Trend des Bevölkerungswachstums für die Entwicklungszusammenarbeit und die Erreichung der SDGs bedeutet, war die zentrale Frage der Veranstaltung „FZ konkret: Mehr Menschen – Mehr Glück!?“ am 5. November. Helmut Gauges, Bereichsleiter Afrika/Nahost der KfW Entwicklungsbank, begrüßte das Fachpublikum in der Berliner Niederlassung der KfW. Als Impulsrednerin unterstrich Dr. Maria Flachsbarth, die sich diese Woche als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf den Weg zur Weltbevölkerungskonferenz nach Nairobi macht, dass die Bundesregierung die Herausforderung schon lange erkannt hat: Jeder Mitarbeiter des BMZ gehe täglich an der Bevölkerungsuhr im Foyer vorbei, und behalte die entwicklungspolitische Dringlichkeit der demographischen Entwicklung damit im Blick. 157 Erdenbewohner werden jede Minute hinzu gezählt. Bildung, Selbstbestimmung und die Gleichberechtigung der Geschlechter seien der Schlüssel dazu, dass jeder von ihnen „seines Glückes Schmied“ werden könne.

Vortrag Dr. Maria Flachsbarth
Vortrag Dr. Maria Flachsbarth

Alisa Kaps, Ressortleiterin im Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ergänzte diese politische Perspektive durch die Zusammenfassung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Ursachen und Folgen von hohem Bevölkerungswachstum. Anhand von mehreren ermutigenden Projektbeispielen aus afrikanischen Staaten, denen beachtliche Fortschritte bei der Senkung der Geburtenraten gelungen sind, zeigte sie, dass es sehr wohl auch wirksame Möglichkeiten gibt, an den Ursachen anzusetzen und die negativen Auswirkungen zu mildern.

Eine lebhafte Podiumsdiskussion konzentrierte sich auf die Frage, ob und wie eine „demographische Dividende“ gehoben werden kann. Eliya M. Zulu, Exekutivdirektor des African Institute for Development Policy und Demographie-Experte, zeigte sich optimistisch und verwies darauf, dass fast alle afrikanischen Länder mittlerweile relevante politische Maßnahmen ergriffen hätten. Es werde aber immer noch zu wenig getan, wandte Renate Bähr ein, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung. Das Problem lasse sich nicht technisch lösen, und unterliege zudem schwankenden Moden. Dr. Norbert Kloppenburg erinnerte daraufhin an langfristige politische Diskurse, die er schon als ehemaliges Vorstandsmitglied der KfW Bankengruppe und auch aktuell als Schatzmeister von Plan International e.V. verfolgen konnte: Früher habe man die Antwort auf das Bevölkerungswachstum vor allem in mehr Effizienz in Landwirtschaft und Industrie gesucht. Erst mit der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994 sei die menschenrechtliche Dimension der Selbstbestimmung richtigerweise in den Mittelpunkt gerückt. Die Herausforderung bleibe aber komplex. Genau deswegen dürfe Demographie nicht als Spartenthema betrachtet werden, betonte Dr. Annette van Edig, zuständige Referatsleiterin im BMZ. Für die deutsche Entwicklungspolitik sei sie eine Querschnittsaufgabe. Michael Herrmann vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen lobte das deutsche Engagement im Bereich der reproduktiven Gesundheit, wies aber auch darauf hin, dass die Anstrengungen im wohlverstandenen Eigeninteresse des Nordens dringend verstärkt werden müssten, denn : Die sozialen Folgen der demographischen Entwicklung seien kein regionales afrikanisches Problem, sondern hätten globale Auswirkungen.

Am Ende der Veranstaltung war deutlich geworden: Die Bevölkerungsentwicklung wird zur Schicksalsfrage der SDG-Erreichung. Die Lösung liegt nicht in staatlich verordneter Bevölkerungspolitik, sondern in menschenrechtsbasierten Förderansätzen. Der Zugang zu Familienplanungsdiensten muss weiter verbessert werden – die KfW fördert dies im Auftrag des BMZ in zahlreichen Ländern, manchmal mit unkonventionellen Ansätzen und Partnern, wie etwa Spitzensportlern in Niger. Längerfristig lässt sich der Kinderwunsch erwiesenermaßen mit breiter angelegten Investitionen in die soziale Entwicklung verringern: Bildung, Gesundheit, Gendergleichberechtigung und der Ausbau sozialer Sicherungssysteme. Und um den verbleibenden Bevölkerungszuwachs in eine Bevölkerungsdividende zu wandeln, müssen vor allem auch produktive Jobs für die auf den Arbeitsmarkt strömenden Jugendlichen geschaffen werden.

Die Veranstaltung war die erste Ausgabe der neuen Reihe „FZ konkret“. Mit diesem neuen Format möchte die KfW in lockerer Folge das Angebot für den entwicklungspolitischen Fachdialog erweitern, und konkrete Lösungsansätze aus der Finanziellen Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern zur Diskussion stellen.

Wer nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte, kann sich auch anhand einer aktuell neu erschienenen KfW-Materialie über die Trends, Wirkungszusammenhänge und Förderansätze informieren.

KfW-Materialie Bevölkerungsdynamik

Podiumsdiskussion