Meldung vom 01.11.2016 / KfW Entwicklungsbank

Versicherungen - Rückschläge verhindern

Versicherungen sind kein typischer Ansatz, den Banken wie die KfW normalerweise fördern. Warum sind Versicherungen dennoch tauglich für die Entwicklungszusammenarbeit?

Die meisten Menschen rund um den Globus sind in keiner Weise gegen elementare Risiken wie Krankheit oder Ernteausfälle aufgrund von Naturkatastrophen abgesichert. Versicherungen können dazu beitragen, solche Risiken abzufedern, und dadurch Entwicklungsrückschläge verhindern.

Was ist das Besondere an Versicherungen?

Sie haben verschiedene Vorteile: Besonders wichtig ist, dass Menschen im Bedarfsfall schnell Hilfe erhalten und dann keine Summen aufbringen müssen, die sie überfordern. Sie müssen auch keine anderen negativen Maßnahmen ergreifen, um den Schaden zu beheben – etwa die Kinder aus der Schule nehmen, damit sie auf dem Feld mitarbeiten können. Solche Reaktionen zu vermeiden, sichert Entwicklungsfortschritte, die andernfalls zunichtegemacht würden. Darüber hinaus können Versicherungen das Verhalten von Menschen und ihren Umgang mit Risiken ändern. Nicht zuletzt kann der Privatsektor im Sinne einer tatsächlichen Lastenteilung einbezogen werden.

Welche Hauptschwierigkeiten sind zu überwinden, um arme und bedürftige Menschen gegen extreme Lebensrisiken abzusichern?

Die meisten direkten Versicherungen sind derzeit aus verschiedenen Gründen auf Kunden mit mittlerem Einkommen und nicht auf bedürftige Personen zugeschnitten. Damit das geschieht, müssen wir die richtigen Konzepte entwickeln und anbieten. Geldgeber wie die KfW können Regierungen, aber auch andere Akteure, etwa Nichtregierungsorganisationen, bei der Entwicklung solcher Konzepte unterstützen. So erhalten auch arme Bevölkerungsgruppen Zugang zu Versicherungsschutz.

Wo genau könnte die KfW Ihres Erachtens nach im Bereich Versicherungen tätig werden?

Ich sehe eine ganze Reihe von Möglichkeiten für die KfW, weil Versicherungen unsere typischen Instrumente wie Zuschüsse und Darlehen ergänzen können. Als Entwicklungsbank besteht unsere Aufgabe darin, Unterstützung dort zu leisten, wo der Markt keine oder keine ausreichenden Lösungen bietet, um die Entwicklungsziele zu erreichen. Im Versicherungsbereich können wir innovative Ansätze fördern, um Klima- oder Pandemierisiken zu vermindern oder die Absicherung im Krankheitsfall verbessern. In jedem Fall nutzen wir unser spezielles Know-how, um zum Beispiel Fonds einzurichten oder die Privatwirtschaft zu beteiligen

Was möchten Sie mit einem solchen Engagement erreichen?

Zunächst soll es den betroffenen Menschen nützen. Zu unseren übergeordneten Zielen als Entwicklungsbank gehört der Kampf gegen Armut. Wir haben die Millenniumsentwicklungsziele sehr ernst genommen und als unser Mandat verstanden. Und wir nehmen auch die nachhaltigen Entwicklungsziele sehr ernst, da sie unser Handeln bis 2030 bestimmen werden. Beide Agenden dienen ausdrücklich dem Ziel, Armut und Hunger deutlich zu verringern. Um das zu erreichen, müssen wir sämtliche Möglichkeiten in Betracht ziehen – Versicherungen gehören dazu.

Manche halten es für unangemessen, dass arme Menschen auch noch Geld für Versicherungen ausgeben sollen. Wie denken Sie darüber?

Es ist wichtig, dass entweder die Regierungen selbst Versicherungsprogramme auflegen oder klare Bedingungen dafür für den Markt festlegen, damit Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Bei denjenigen, die sich wirklich keine Versicherung leisten können, muss die öffentliche Hand einspringen – wie es übrigens auch in Deutschland gehandhabt wird. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden über einen öffentlichen Fonds abgedeckt, wenn Versicherte nicht zahlen können. Wenn dafür gesorgt ist, sind Versicherungen ein wirksamer Mechanismus, um Risiken zu übertragen, für alle Teile einer Gesellschaft – manche zahlen eben mehr dafür, manche weniger und für manche wird bezahlt.

Glauben Sie, dass die internationale Gemeinschaft das Potenzial von Versicherungen im Zusammenhang mit den Zielen nachhaltiger Entwicklung schon erkannt hat?

Ich glaube, die internationale Gemeinschaft erkennt die Vorteile allmählich. Aber wir müssen verschiedene Ansätze noch systematischer und in mehr Sektoren anwenden. Genau deshalb veranstaltet die KfW im Herbst eine große internationale Konferenz zu diesem Thema. Wir werden Fachleute versammeln, mit denen wir den Gebrauch von Versicherungen in der Entwicklungszusammenarbeit noch weiter abklopfen wollen. Ich bin davon überzeugt, dass es noch viel mehr Möglichkeiten gibt, als wir im Moment glauben.

Die Fragen stellte Friederike Bauer