Meldung vom 08.08.2016 / KfW Entwicklungsbank

Stolz auf die neue Selbstständigkeit

Indigene Gemeinschaften an der Atlantikküste Nicaraguas setzen Projekte eigenverantwortlich um

Aus einer kleinen Anlegestelle für Boote ist ein ausgewachsener Fischereihafen geworden. Eine neue Kaimauer, von der KfW finanziert, erleichtert jetzt das Beladen der Schiffe in Karatá an der Atlantikküste Nicaraguas. Der Bootsverkehr ist hier immens wichtig, denn Straßen sind so gut wie nicht vorhanden. Der neue Kai ist eines von 83 Projekten, die indigene Gemeinschaften der Region in Selbstverwaltung verwirklicht haben. Die KfW hat sie im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) dabei mit 5 Mio. EUR unterstützt. Am "Tag der indigenen Völker" am 9. August erinnert die UN an die besonderen Bedürfnisse und die Rechte der indigenen Völker.

Diese sind eigens in der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO über eingeborene und in Stämmen lebende Völker festgeschrieben. "Darin wird das Prinzip hervorgehoben, dass Indigene eine freie, vorherige und informierte Zustimmung zu allen Maßnahmen geben müssen, die sie betreffen", erläutert KfW-Senior Projektmanagerin Vania Vega Ojopi. Das von der KfW unterstützte Vorhaben in Nicaragua ging über die Anforderungen der Konvention hinaus. Die indigenen Gemeinschaften an der Karibikküste des Landes und ihre Ältesten wurden mit der Planung sowie der administrativen, finanziellen und technischen Durchführung der 83 Kleinprojekte betraut.

Denn das Ziel des Projektes war neben dem Aufbau von Infrastruktur vor allem die Entwicklung und Stärkung der 17 Territorialregierungen und der ihnen angeschlossenen indigenen Gemeinden. Heute sind die Indigenen stolz auf ihre Errungenschaften. Sie, die früher kaum angehört wurden, werden jetzt von regionalen und nationalen Behörden als Partner anerkannt. Durch die Umsetzung der eigenen Projekte haben sie Kenntnisse aufbauen können, so dass neue Vorhaben mit nationalen Behörden und sogar der spanischen Entwicklungszusammenarbeit geplant sind. Lehrer, Ingenieure, Techniker, Maurer, Schreiner, Buchhalter und Sozialarbeiter aus der Region haben nicht nur vorübergehend Beschäftigung gefunden, sondern Fertigkeiten erworben, die ihnen auch in Zukunft helfen, Einkommen zu erzielen.

Das ist wichtig, denn bisher leben Miskitos, Mayangnas und weitere indigene Gruppen in der autonomen Region an der Ostküste unter sehr schlechten sozialen Verhältnissen. Während durchschnittlich rund 40 Prozent der Nicaraguaner unter der Armutsgrenze leben, liegt dieser Anteil bei den Indigenen noch höher.

Erfolgreich: Indigene Völker nachhaltig gestärkt

Um die Indigenen in das Vorhaben einzubeziehen, rief der nicaraguanische Kommunalentwicklungsfonds FISE (Fondo de Inversión Social de Emergencia) zunächst die verschiedenen ethnischen Gruppen an einem Runden Tisch zusammen. FISE hatte vor Ort ausschließlich Mitarbeiter eingestellt, die neben Spanisch auch die Sprachen der Indigenen beherrschen. Die 17 Indigenen Territorialregierungen definierten die Projekte, die sie als vordringlich betrachteten. Dazu gehörten der Bau von Schulen, Bootsanlegestellen und Trinkwasseranlagen sowie eine verbesserte Agrarproduktion.

Bis zum Ende der KfW-Unterstützung 2015 wurden nicht nur die Hafenanlagen von Karatá erneuert, sondern auch zahlreiche Trinkwasserleitungen und Pumpen gebaut, um die Siedlungen zu versorgen. "Jetzt sparen Frauen und Kinder, die für das Wasserholen zuständig sind, weite und gefährliche Wege", erklärt Vania Vega. Von den Maßnahmen profitieren 14.500 Familien in 388 Dörfern und mehr als 10.000 Schüler. Anpflanzungen auf über 1.600 Hektar tragen dazu bei, dass sich viele Menschen besser ernähren können.

Auch in der Regenzeit kann nun Fracht verschifft werden. Die Pfosten für die neue Mole wurden aus Managua per Schiff angeliefert, da eine Brücke unpassierbar war – Boote sind im Osten Nicaraguas als Transportmittel unverzichtbar.