Meldung vom 22.07.2015 / KfW Entwicklungsbank
Ernährung - zu wenig und zu einseitig
Erstes "DFF" zu Hunger und Ernährungssicherheit
Obwohl sich die Ernährungssituation in den vergangenen 20 Jahren deutlich verbessert hat, hungern immer noch 800 Millionen Menschen auf der Welt. Weitere zwei Millionen Menschen ernähren sich zu einseitig; sie leiden unter sogenanntem "versteckten Hunger". Wie sich die Welt am besten vom Hunger befreien lässt und welche Rolle Entwicklungsinstitutionen dabei spielen können, war Anfang Juli Thema einer zweitägigen, hochrangig besetzten Fachkonferenz in der KfW. Die Veranstaltung war gleichzeitig Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe "Development Finance Forum" (DFF), mit der die KfW künftig am Standort Frankfurt eine Plattform für den regelmäßigen internationalen Austausch zu aktuellen entwicklungspolitischen Fragen bietet. Mehr als 120 internationale Experten diskutierten über Möglichkeiten und Schwierigkeiten auf dem Weg zu einer Welt, in der jeder Mensch ausreichend – vielfältig – zu essen hat und taten dies erstmals aus dem Blickwinkel verschiedener Fachgebiete, von der Landwirtschaft über den Finanzsektor bis hin zum Gesundheitswesen.
Gleich zu Beginn der Veranstaltung bekräftigte die Vertreterin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Christiane Hieronymus, dass der Kampf gegen den Hunger zu den Top-Prioritäten der jetzigen Bundesregierung zähle. Das BMZ investiere etwa ein Fünftel seines Budgets in Projekte und Programme für "eine Welt ohne Hunger". Denn, so die Referatsleiterin, "Hunger ist ein Skandal und kann beseitigt werden".

Intensiver produzieren, vielfältiger ernähren
Professor Matin Qaim von der Universität Göttingen hob in seiner Eröffnungsrede hervor, dass es vor allem eine ausgewogene Ernährung – und nicht nur mehr Kalorien – braucht, um den Hunger in den Griff zu kriegen. Derzeit würden zwar ausreichend Nahrungsmittel produziert. Daraus allerdings zu schließen, Hunger und Mangelernährung seien nur noch ein Problem der richtigen Verteilung, greife zu kurz.
Daher ist es Qaim zufolge notwendig, den Blick auf die Qualität der Ernährung zu richten und gleichzeitig die Produktivität in der Landwirtschaft zu steigern. Damit das gelingt, bedarf es vermehrter Investitionen in die Landwirtschaft, eines größeren Bewusstseins für Mangelernährung und ihre Ursachen, einer stärkeren Förderung von Kleinbauern, besserer Marktzugänge und intensiverer Forschung, um die Querverbindungen zwischen Landwirtschaft und Ernährung noch besser zu verstehen. Außerdem sollten Frauen mehr Entscheidungskraft bei Einkommen und Ausgaben von Familien- und Betriebsbudgets erhalten.
Kapital als wichtige Voraussetzung
Darüber hinaus werden auch angemessene Finanzierungsmöglichkeiten benötigt, wie die Teilnehmer in verschiedenen Panels übereinkamen. Dazu gehören kurzfristige Kredite etwa für Saatgut und Düngemittel, aber auch langfristige, zum Beispiel für Maschinen, Bewässerung oder die Erneuerung von Plantagen.
Besonders in Afrika besteht die Herausforderung darin, kleinere landwirtschaftliche Betriebe zu finanzieren, zum Beispiel durch Eigenkapitalinvestitionen und langfristige, zinsgünstige Finanzierungen, sogenanntes "patient capital". Keith Palmer von der britischen Non-Profit-Firma AgDevCo führte das Beispiel Mosambik an, wo Maisbauern ihre Erträge und Einkommen dauerhaft steigern konnten: Dabei wurde ein integrierter Wertschöpfungsansatz verfolgt, der den Bauern neben der Bereitstellung von Krediten zugleich neue Absatzmärkte eröffnete.
Zur Frage, ob Landwirtschaft subventioniert werden muss, um die Produktion zu steigern, stellte Cornell-Professor Calum Turvey neue Ansätze vor, die nicht marktverzerrend wirken. So eignen sich zum Beispiel indirekte Formen, bei denen Kleinbauern an einen Kredit gekoppelte Versicherungen ohne Prämienzahlungen erhalten, die die Gewährung eines Darlehens überhaupt erst ermöglichen. An solchen Lösungen könnten sich auch Entwicklungsinstitutionen stärker beteiligen, um Risiken abzumildern und privaten Investoren den Weg zu bereiten, lautete eine Erkenntnis der Veranstaltung.
Verhaltensweisen ändern
In einer weiteren Diskussionsrunde ging es um Verhaltensweisen, die einer gesunden Ernährung im Wege stehen. Rund 800.000 Kindern könnte jährlich das Leben gerettet werden, wenn ihre Mütter sie in den ersten sechs Monaten stillten und sie sich als Schwangere vielseitiger ernährten, berichtete Shawn Baker von der Gates Foundation. Auch gelte es, Kinder in ihren ersten 1000 Tagen nach Empfängnis besser mit Vitaminen und Spurenelementen zu versorgen, weil diese Phase deren weitere körperliche und geistige Entwicklung maßgeblich beeinflusse. Solche Gewohnheiten lassen sich Studien zufolge am besten mit intensiven Aufklärungskampagnen über Massenmedien verändern, gekoppelt mit persönlicher Ansprache etwa von Gesundheitsberaterinnen.
Am Ende der Konferenz hielt Tom Arnold von der Organisation "Scaling up Nutrition" fest: "Es geht nicht nur um Nahrungsmittel, sondern vor allem um Ernährung." Außerdem gehe es um sauberes Wasser, Aufklärung und Bildung vor allem von Frauen, Infrastruktur, Forschung und angemessene Finanzierungen. Um den Hunger in all seinen Dimensionen zu bekämpfen, "brauchen wir deshalb einen sinnvollen Mix an Maßnahmen" - und den Austausch über Fachgrenzen hinweg, wie ihn das erste DFF ermöglicht hat.

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