Meldung vom 15.01.2015 / KfW Entwicklungsbank

Impfung für jedes Kind

Im Gespräch: Seth Berkley, Geschäftsführer der Impfallianz Gavi

Gavi ist eine globale Impfallianz, der Regierungen, UN-Organisationen, private Stiftungen, Nicht-Regierungsorganisationen, Forschungsinstitute und Impfhersteller angehören. Sie setzt sich unter dem Motto "Jedes Kind erreichen" dafür ein, dass zwischen 2016 und 2020 weitere 300 Millionen Kinder weltweit geimpft werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Schirmherrschaft für die Gavi-Wiederauffüllungskonferenz übernommen, die am 27. Januar in Berlin stattfindet. Die Gebergemeinschaft wird dort die Beträge nennen, mit der sie Gavi bis 2020 unterstützen will. Um ihr Ziel zu erreichen, benötigt Gavi rund 7,5 Mrd. USD.

Gavi ist eine internationale Impfallianz. Wo sehen Sie derzeit den größten Unterstützungsbedarf für Gavi?

Seth Berkley: 2014 war meiner Ansicht nach ein wirklich bemerkenswertes Jahr für die Programme von Gavi. Wir haben auf die Nachfrage von Entwicklungsländern reagiert und dafür gesorgt, dass im Schnitt jede Woche ein neuer Impfstoff eingeführt wurde – ein Rekord. Wir haben diese Länder auch bei der Stärkung ihrer Gesundheitssysteme aktiver unterstützt.

Hat die Welt Ihres Erachtens endlich erkannt, wie wichtig Impfungen sind?

Berkley: Mit der Hilfe der Milleniumsentwicklungsziele wurden in den vergangenen beiden Jahrzehnten große Anstrengungen unternommen, um die Kindersterblichkeit weiter zu senken. Vor diesem Hintergrund konnten die Impfprogramme für Kinder deutlich ausgebaut werden. Diese Erfolge unterstreichen, was durch politisches Engagement und höhere Investitionen in Maßnahmen für die Gesundheit der Mütter, Neugeborenen und Kinder erreicht werden kann. In den Industriestaaten, in denen Krankheiten seltener aufgetreten sind, ist die Impfbereitschaft allerdings auf einen neuen Tiefpunkt gesunken.

Was sagen Sie zu Ebola? Offenbar könnte es bald einen Impfstoff geben. Würde das die Arbeit Ihrer Organisation in irgendeiner Weise beeinflussen?

Berkley: Im Dezember 2014 beschloss der Vorstand von Gavi, die betroffenen Länder auf die Einführung der Ebola-Impfung vorzubereiten und Impfstoff zu beschaffen, damit die Menschen in den gefährdeten Gebieten immunisiert werden können. Diese Entscheidung soll Gavi ermöglichen, sofort zu handeln, sobald die Weltgesundheitsorganisation einen sicheren und wirksamen Impfstoff empfiehlt.

Gavi wurde vor mehr als 15 Jahren gegründet. Was haben Sie bislang erreicht?

Berkley: Seit 2000 hat Gavi die ärmsten Länder der Welt dabei unterstützt, eine halbe Milliarde Kinder zu impfen und so sieben Millionen Todesfälle zu verhindern. Zusätzlich hat die Allianz die Stärkung des Gesundheitswesens mit knapp 900 Millionen USD unterstützt. Diese Gelder sollen die Impfsysteme in den Entwicklungsländern verbessern. Heute haben bereits 73 Länder die pentavalente Impfung eingeführt, die Kinder vor fünf gefährlichen Krankheiten schützt. Bis zum Jahr 2000 gab es in keinem dieser Länder eine derartige Impfung.

Was würden Sie gern in den kommenden Jahren erreichen? Und welche Herausforderungen müssen Sie auf dem Weg zu Ihren Zielen bewältigen?

Berkley: Gavi baut die aktuellen Maßnahmen aus und strebt eine Welt an, in der alle durch Impfungen vermeidbare Krankheiten endgültig ausgerottet sind. Weltweit ist jedes fünfte Kind nicht einmal durch die einfachste Impfung geschützt. Wenn Gavi in der Lage ist, für den Zeitraum 2016 bis 2020 zusätzlich 7,5 Milliarden USD aufzubringen, könnten die von uns unterstützten Länder weitere 300 Millionen Kinder impfen. Viele davon werden heute noch nicht von den Kampagnen erreicht. So würden wir den Anteil der Kinder, die die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen elf Impfungen erhalten, von 5 % auf 50 % anheben und damit weitere fünf bis sechs Millionen Leben retten.

Der Aufbau von Gavi ist ziemlich außergewöhnlich. Hat sich diese Organisationsform bewährt? Könnte sie anderen als Vorbild dienen?

Berkley: Das Modell von Gavi hat sich bewährt, weil es alle wichtigen Stakeholder im Bereich Impfungen vereint. Wir können auf die Stärke der einzelnen Allianzmitglieder zählen und sicherstellen, dass wir zusammen mehr erreichen, als jeder einzelne im Alleingang durchsetzen könnte. Wir sind der Ansicht, dass Gavi Vorbildcharakter hat und sind bestrebt, unsere Erfahrung mit anderen zu teilen.

Was erwarten Sie von der nächsten Wiederauffüllungskonferenz im Januar in Berlin, die unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel stattfindet?

Berkley: Wir freuen uns auf die Konferenz und sind geehrt, dass die Bundeskanzlerin ihre Teilnahme bestätigt hat. Alle deutschen Partner haben Gavi außerordentlich unterstützt. Ihr Vorbild hat andere Spender stark beeindruckt! Es wurde viel erreicht, aber der Weg zu unserem Ziel ist noch weit.

In der Ostafrikanischen Gemeinschaft arbeiten Sie mit der KfW zusammen. Wir würden Sie diese Partnerschaft beschreiben?

Berkley: Seit 2006 leistet Deutschland über Gavi einen multilateralen Beitrag und seit 2011 ist ein Teil des deutschen Beitrags spezifischen Programmen in Mitgliedstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft gewidmet. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit trug zur Impfung von mehr als 14 Millionen Kindern in den fünf Ländern bei. Wir sind Deutschland für sein Engagement zugunsten von Gavi sehr dankbar, selbstverständlich auch für die Ausrichtung unserer Auffüllungskonferenz.

Könnte diese Zusammenarbeit intensiviert werden? Wenn ja, wie?

Berkley: Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit haben die KfW und Gavi bereits gute Fortschritte gemacht, aber sie könnten noch mehr erreichen. Im November 2014 kündigte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller anlässlich eines Treffens mit Bill Gates an, dass Deutschland plane, seinen Beitrag zu Gavi zu erhöhen.

Was würde es kosten, alle Kinder in den Entwicklungsländern zu impfen? Und wie lange würde es dauern, bis es so weit ist?

Berkley: Obwohl die Impfkampagnen mehr Kinder erreichen als alle anderen Maßnahmen, sterben leider immer noch jedes Jahr 1,5 Millionen Kinder an Krankheiten, die durch Impfungen vermieden werden könnten. Ich meine, dass wir alle Kinder erreichen können, wenn wir zusammenarbeiten. Damit können wir einen wichtigen Beitrag zum Ziel der Weltgemeinschaft leisten, der extremen Armut bis zum Jahr 2030 ein Ende zu setzen.

Das Interview führte Friederike Bauer.

Ein Mann steht in einem Treppenhaus.
Seth Berkley: "Seit dem Jahr 2000 hat Gavi die ärmsten Länder der Welt dabei unterstützt, eine halbe Milliarde Kinder zu impfen und so sieben Millionen Todesfälle zu verhindern."