Meldung vom 31.08.2020 / KfW Entwicklungsbank

Finanzspritze für Corona-Forschung in ressourcenarmen Entwicklungsländern

KfW fördert mit Mitteln des BMBF die Entwicklung von Schnelltests und neuen Medikamenten

Frau in Schutzkleidung testet Mann auf Corona
Die WHO schätzt, dass sich in Afrika bis zu 44 Mio. Menschen mit COVID-19 infizieren könnten.

Die Unterzeichnung der Verträge Ende August setzte den Startschuss: Mit einer Finanzspritze aus Deutschland in Höhe von insgesamt 25 Mio. Euro sollen zuverlässige Corona-Schnelltests entwickelt, die Nutzung bestehender Medikamente zur Behandlung von COVID-19 erforscht sowie neue Medikamente entwickelt werden. Zugutekommen soll diese Förderung des Bundes-forschungsministeriums (BMBF) vor allem Menschen in Entwicklungsländern, die von den neuesten Forschungsergebnissen kaum profitieren, da sie neue vielversprechende Produkte wegen der hohen Preise nicht bezahlen können.

Für ihre faire Corona-Forschung erhält die „Initiative Medikamente für vernachlässigte Krankheiten“ – DNDi (Drugs for Neglected Diseases initiative) 15 Mio. Euro, die „Stiftung für innovative neue Diagnostik“ – FIND (Foundation for Innovative New Diagnostics) 10 Mio. Euro. Die beiden Dachorganisationen sind zwei von sechs sogenannten Produktentwicklungspartnerschaften, die das BMBF über die KfW seit 2011 mit nunmehr insgesamt 121 Mio. Euro für ihre globale Gesundheits¬forschung zu armutsbedingten und vernachlässigten Krankheiten finanziell unterstützt.

Klimatisch und geografisch angepasste Diagnoseverfahren für Schnelltests

Ziel der Produktentwicklungspartnerschaft FIND ist es, neue angepasste Diagnoseverfahren zu entwickeln, die auch dort funktionieren, wo es häufig nur eine Basisgesundheitsversorgung gibt. „Das ist deshalb so wichtig“, erklärt KfW-Direktor Christoph Tiskens, „weil Geräte und Instrumente, die für technisch hochspezialisierte Kliniken und Krankenhäuser in Industrieländern entwickelt wurden, in unseren Partnerländern kaum eingesetzt werden können. Entweder sind sie zu teuer oder sie sind an die klimatischen oder geografischen Verhältnisse nicht angepasst. Ein einziges Sandkorn kann hier die Funktion eines teuren Diagnosegeräts zerstören.“

Die BMBF-Förderung soll FIND daher unterstützen, so bald wie möglich COVID-19-Schnelltests auf den Markt zu bringen, die zuverlässige Testergebnisse produzieren und deren Ergebnisse schnell kommuniziert werden können. Zum anderen soll auch die Entwicklung digitaler Tools – vor allem Kontakt- und Tracing-Apps – vorangetrieben werden.

Erforschung bestehender Medikamente zur Behandlung von COVID-19

DNDi, zu deren Gründungspartnern u.a. „Ärzte ohne Grenzen“ gehört, erforscht, ob bereits existierende Medikamente das Potenzial haben, auch zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt zu werden. Parallel dazu wird auch zu neuen Medikamenten geforscht. „Das Vorgehen orientiert sich dabei an Leitfragen wie: Zu welcher Gruppe gehört der Virus, welches Produkt hat schon einmal gewirkt und könnte bei Corona-Viren auch wirken? Manchmal sind dann nur geringe chemische Änderungen nötig, um eine solche Substanz wirksam und verträglich zu machen“, erläutert der in der KfW zuständige Experte für den Gesundheitssektor Dr. Kai Gesing. „Dabei geht es auch darum, neue Behandlungsstrategien für mildere Covid-19-Verläufe zu entwickeln, um schwere Verläufe möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen und so die Zahl von Menschen, die ins Krankenhaus müssen, zu reduzieren.“

Fokus auf Afrika

Dabei konzentriert sich DNDi zunächst auf Afrika, wo sowohl ärztliches Personal als auch Intensivbetten in Krankenhäusern signifikant weniger vorhanden sind als in Europa. Der UN Economic Report for Africa befürchtet, dass zwischen 300.0000 und 3,3 Millionen Menschen als direkte Folge von COVID-19 ihr Leben verlieren könnten. Und die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass bis zu 44 Millionen Menschen infiziert werden können, falls die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie fehlschlagen.

Ausschnitt eines Mannes der im Labor mit Handschuhen ein Röhrchen untersucht
Es wird auch geforscht, ob bereits existierende Medikamente das Potenzial haben zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt zu werden.

Perspektive und Bedürfnisse der ressourcenarmen Entwicklungsländer

Unter ihrem jeweiligen Dach bringen FIND und DNDi die Expertise aus Universitäten und Forschungsgesellschaften, Kliniken und Laboren sowie den Forschungsabteilungen von kooperierenden Pharmaunternehmen zusammen. Sie haben Zugang zu den Datenbibliotheken von Pharmaunternehmen, binden innovative Startups mit kostengünstigen Lösungen ein und sorgen in internationalen Institutionen wie der WHO dafür, dass die Perspektive und Bedürfnisse der ressourcenarmen Entwicklungsländer für den Gesundheitsbereich gesehen und berücksichtigt werden.

Initiative gegen den „90-10-Gap“

Preiswert, schnell und sicher sollten Diagnostikmöglichkeiten und Medikamente eigentlich für alle Menschen sein. Doch vor allem die ärmeren Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern haben nur sehr eingeschränkt Zugang dazu. Denn traditionell investieren die global agierenden Pharmaunternehmen circa 90 % ihrer Forschungsgelder in die Entwicklung neuer Medikamente gegen Krankheiten, unter denen nur die zehn wohlhabenden Prozent der Menschheit leiden.

Gegen diesen „90-10-Gap“ haben sich vor zwei Jahrzehnten weltweit etwa 20 sogenannte Produktentwicklungspartnerschaften (PDP) gegründet. Außerhalb der großen Pharmaunternehmen legen sie ihren Fokus auf die globale Erforschung und Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten wie etwa Malaria, Tuberkulose oder die afrikanische Schlafkrankheit.

Erste Erfolge 2019 und 2020

Unterstützt werden diese globalen Produktentwicklungspartnerschaften seitdem etwa zur Hälfte von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Unter anderem dem langen Atem der Stiftung ist es zu verdanken, dass inzwischen vermehrt Erfolge bei der Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten gefeiert werden konnten: So wurde ein neues Medikament gegen Tuberkulose auf den Markt gebracht, eines von nur drei in vierzig Jahren. Außerdem ist es einer solchen PDP erstmals auch gelungen, ein Medikament gegen die Schlafkrankheit zu entwickeln, das nicht zu schwersten Nebenwirkungen führt. So enthielt die einzige bisher genutzte Therapie einen arsenhaltigen Wirkstoff.

„Mit der deutschen Förderung“, so hofft Christoph Tiskens, „können wir nun dazu beitragen, dass es 2022 wirksame Diagnostikmöglichkeiten und Medikamente gegen COVID-19 gibt – und dass sie preiswert, sicher und schnell in ressourcenarmen Entwicklungsländern zugänglich sind. Damit leistet die Bundesrepublik einen aktiven Beitrag zu fairer Forschung, der ganz explizit die Interessen und Bedürfnisse benachteiligter Bevölkerungsgruppen in den Blick nimmt.“