Meldung vom 09.06.2020 / KfW Entwicklungsbank

Die richtigen Impulse setzen

Digitale Podiumsdiskussion zu „grünem Wirtschaften“ mit Beteiligung des BMZ

Ein Mann und eine Frau auf einer Teeplantage
Tee-Ernte in Afrika.

Die Natur ist die Grundlage für unsere Existenz; sie gibt uns Luft, Wasser und bringt unsere Nahrungsmittel hervor. Gleichzeitig steht sie von vielen Seiten unter Druck: intensive Landwirtschaft, nicht regulierter Fischfang, Entwaldung und Abbau von Bodenschätzen bedrohen die natürlichen Ressourcen zunehmend. Wie sich diese Praxis ändern lässt, wie die Wirtschaft so schnell wie möglich in Richtung Nachhaltigkeit umgebaut werden könnte und welche Rolle dabei öffentliche Mittel spielen, darum drehte sich eine digitale Veranstaltung der KfW am 5. Juni. Sie fand im Rahmen des „Global Landscapes Forum“ statt und wurde von mehr als 400 Zuschauern weltweit verfolgt.

Die Diskussion mit dem Titel „Anreize für grünes Wirtschaften – neue Wege zur Förderung nachhaltiger Produktionsmethoden“ zeigte, dass ein fundamentaler Wandel der Weltwirtschaft dringend nötig ist. Zwar setzten die Gesprächsteilnehmer unterschiedliche Akzente und hielten jeweils etwas andere Maßnahmen für besonders dringend, aber dass eine Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit unabdingbar sei, darin waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig. Sie kamen vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Bernhard Worm, Referent), vom Finanzdienstleister Finance in Motion (Sylvia Wisniwski, Geschäftsführerin), den Nichtregierungsorganisationen OroVerde (Elke Mannigel, Teamleiterin) und WWF (Yougha von Laer, Programmmanagerin) sowie einer Produzentin nachhaltigen Kaffees aus Nicaragua (Finca Bethania, Martha Albir).

Öffentliches Geld reicht nicht

Alle öffentlichen Gelder genügten nicht, rechnete Bernhard Worm gleich zu Beginn der Veranstaltung vor, um die international verabredeten Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zu erreichen. Dafür seien Billionen nötig. Die Gebergemeinschaft habe im vergangenen Jahr zusammen aber „nur“ rund 150 Mrd. EUR aufgewendet. Demgegenüber lagen die Direktinvestitionen privater Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern etwa 10 Mal so hoch. „Es ist deshalb keine Frage, ob wir den Privatsektor in den Kampf um Nachhaltigkeit einbeziehen, sondern vielmehr, wie wir es am besten anstellen.“

Web Ex Bild mit den Teilnehmer
Eine lebhafte digitale Runde, moderiert von der Journalistin Conny Czymoch.

Auch Sylvia Wisniwski von FiM sprach sich dafür aus, mit öffentlichen Geldern Anreize für private Investitionen in Nachhaltigkeit zu setzen. Sie stellte den eco.business Fund als Beispiel für eine Mischfinanzierung („blended finance“) vor, der private Gelder durch staatliche Anreize mobilisiert. Solche Fonds bestünden, erläuterte sie, ähnlich wie eine Schwarzwälder-Kirschtorte aus verschiedenen Schichten: Aus öffentlichen Gebern wie dem BMZ – ganz unten der Teig –, Entwicklungsfinanziers wie der KfW – die Kirschen – und privaten Investoren – die Sahne. Zusammen ergäben sie einen schmackhaften Kuchen.

Verluste würden von unten nach oben getragen, die Einkünfte von oben nach unten verteilt. Das schmälere die Risiken und mache Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft oder in Walderhalt auch für den Privatsektor interessant. Beim eco.business Fund, der zunächst in Lateinamerika aktiv war, inzwischen auch in Subsahara-Afrika, kommen dadurch schon mehr als 30 % der Mittel aus privater Hand.

Projekte mit positiver Wirkung entwickeln

Yougha von Laer vom WWF stellte ebenfalls klar, dass selbst öffentliche und philanthropische Gelder zusammen niemals ausreichen würden, um den systemischen Wandel zu finanzieren, der nötig sei, um den Planeten zu retten. „Deshalb müssen wir auf jeden Fall mit dem Privatsektor arbeiten.“ Ihrer Ansicht nach ist es besonders wichtig, möglichst viele finanzierbare Projekte (sogenannte „bankable projects“) vor Ort zu entwickeln, die eine positive ökologische und soziale Wirkung entfalten – und zwar gemeinsam mit den betroffenen Akteuren und der Privatwirtschaft. Sie sehe den WWF hier als eine Art Mittler, der versuche, eine Pipeline mit genau solchen Projekten zu entwickeln. Das BMZ forderte sie auf, sich an dieser Aufgabe mit öffentlichen Mitteln zu beteiligen.

Eine etwas andere Meinung vertrat Elke Mannigel von OroVerde. „Ich glaube nicht, dass Geld hier das größte Problem ist.“ Sie halte vielmehr klare politische Vorgaben in den entsprechenden Ländern und eine faire Aufteilung von Kosten und Nutzen für entscheidend. Dafür brauche es einfach strengerer Auflagen von Seiten der Politik in puncto Biodiversität, um nicht nachhaltige Praktiken zu stoppen. Zusätzliche finanzielle Anreize für den Privatsektor erachtete sie hingegen nicht als Priorität. Zumal es nicht einzusehen sei, dass sie das „Sahnehäubchen“ bei den Gewinnen abbekämen, aber die Risiken überwiegend beim Steuerzahler lägen. Öffentliche Gelder sind deshalb ihrer Ansicht nach in Partnerschaften mit der örtlichen Bevölkerung, in eine stärkere Zivilgesellschaft und im Aufbau örtlicher Lieferketten besser investiert, als in Impulsen für internationale Privatinvestoren. Warum nicht direkt mit den Kleinbauern zusammenarbeiten, fragte sie den Vertreter vom BMZ.

Arbeiten auf allen Ebenen

Bernhard Worm entgegnete, die Bundesregierung nutze ihre Mittel auch dafür und fördere Programme für Kleinbauern, setze sich für bessere Rahmenbedingungen und generelle Entwicklungsfortschritte in den Partnerländern ein. Anreize für die Privatwirtschaft machten nur einen Teil der BMZ-Arbeit aus; der sei allerdings wegen der Größe der Herausforderung auch wichtig. „Wir arbeiten auf allen Ebenen für das Erreichen der SDGs; das Einbeziehen privater Gelder eröffnet zusätzliche Chancen.“

Martha Albir
Martha Albir auf ihrer Kaffee-Farm.

Martha Albir berichtete schließlich noch von den Produktionsbedingungen auf ihrer Kaffeefarm in Nicaragua, und dass sie ohne Kredite keinesfalls zurechtkommen würde. Zwischen Ernte und Verkauf liegen immer einige Monate, die es finanziell zu überbrücken gilt. Albir hat, weil sie ihren Kaffee nachhaltig herstellt, auch Mittel vom eco.business Fund erhalten und konnte ihren Anbau damit umweltfreundlicher, zum Beispiel wassersparender, gestalten. Ihr nächstes Ziel ist es, das Wasser künftig noch zu recyceln, wofür sie ebenfalls wieder finanzielle Unterstützung benötigt.

Auch die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer formulierten am Ende der Diskussion ihre konkreten Ziele für die kommenden Jahre, um die Wirtschaft grüner zu machen. Denn dass sie grüner werden muss, darüber herrschte zu keinem Zeitpunkt der Diskussion ein Dissens: Yougha von Laer möchte ihre Projektpipeline weiter ausbauen, am liebsten zusammen mit staatlichen Stellen. Sylvia Wisniwski hat sich vorgenommen, mit weniger öffentlichen Mitteln mehr private Gelder für umweltfreundliches Wirtschaften zu mobilisieren. Elke Mannigel wird sich für veränderte Rahmenbedingungen einsetzen, die sozialen und ökologischen Kriterien Vorrang geben. Und Bernhard Worm bat schließlich das Publikum darum, über die eigenen Konsummuster nachzudenken und sich klarzumachen, dass irgendjemand am anderen Ende der Welt den Preis für billige Lebensmittel zahlt. „Überlegen Sie bitte genau, was Sie konsumieren.“