Daten können helfen, bessere Entscheidungen schneller zu treffen. Nicht nur für die Antwort auf COVID-19 nutzt Nepal seit einem Jahr die von der KfW entwickelte digitale Plattform OSCAR. Dieses Vorgehen hat sich bewährt. Andere Länder zeigen bereits Interesse an dem Instrument, das die Transparenz der Gesundheitsdaten massiv erhöht. Unterdessen entwickelt die KfW mit Unterstützung der Universität Heidelberg die Anwendung weiter.
Wie hoch ist die 7-Tage-Inzidenz in den einzelnen Distrikten? Wo gibt es wie viele freie Betten? Sind genügend Ärzte in Regionen vorhanden, die sich gerade zu Corona-Hot Spots entwickeln? All diese Fragen kann die digitale Plattform OSCAR rasch und aktuell beantworten. Das gibt Nepal die Möglichkeit, die knappen personellen und finanziellen Ressourcen im Gesundheitssektor möglichst wirkungsvoll einzusetzen.
Nepal hat zuletzt zwar deutliche Fortschritte bei einigen Gesundheitskennzahlen gemacht. So ist zum Beispiel die Sterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren in den vergangenen Jahren gesunken. Trotzdem liegt das Ziel einer für alle zugänglichen Gesundheitsversorgung noch in weiter Ferne. Das hat auch mit der schwierigen Topographie des Landes zu tun, das zu großen Teilen im Himalaya-Gebirge liegt, aber auch mit den Folgen des schweren Erdbebens im Jahr 2015, bei dem viele Gesundheitszentren zerstört wurden.
Nach Angaben der Weltbank hat heute nicht einmal die Hälfte der Nepalesen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung; ein Viertel lebt unterhalb der Armutsgrenze. Eine Krise wie die Verbreitung von COVID-19 trifft ein Land wie Nepal deshalb besonders hart. Umso nützlicher kann eine Plattform wie OSCAR sein.
OSCAR unterstützt die Entscheidungsfindung durch die Zusammenstellung von Daten an einem Ort. Die Plattform hilft, die Vorhersage des Bedarfs an Gesundheitsmaßnahmen massiv zu verbessern – sowohl in Notfallsituationen als auch im Alltagsgeschäft. Sie ermöglicht eine Integration von routinemäßig verfügbaren Daten aus verschiedenen Quellen. Dabei geht es um Daten zu Sterblichkeit der Bevölkerung, Inanspruchnahme und Ausgaben des Gesundheitswesens sowie Gesundheitsrisiken wie Klimabedingungen, Umweltrisiken, Viehbestand, Verkehr und Mobilität. Regierungen, Gemeinden und Projektträger können diese Daten nutzen, um ihre Vorhaben besser zu planen und umzusetzen sowie die Wirkungen genauer zu beobachten.
In Nepal etwa nutzt das Ministerium für Gesundheit und Bevölkerung OSCAR, indem die geografischen Koordinaten aller öffentlichen Gesundheitseinrichtungen im Land dort eingetragen werden. Daraus lässt sich ableiten, wie lange ein Erkrankter braucht, um eine Klinik oder Gesundheitsstation zu erreichen – und das unter Berücksichtigung der aktuellen Reisebedingungen.
Seit Anfang 2022 unterstützen zwei Institute der Universität Heidelberg die KfW bei der Weiterentwicklung von OSCAR: das Heidelberg Institute for Global Health und das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology. Die Funktionen von OSCAR sollen weiter ausgebaut und neue entwickelt werden. „Wir haben hier eine Plattform für den Gesundheitssektor geschaffen“, erläutert Portfoliomanager Patrick Rudolph die Absicht der KfW, „die viele Anwendungsgebiete zulässt und gerade ärmeren Ländern dabei helfen kann, ihre geringen Mittel so effizient wie möglich einzusetzen.“
Doch nicht allein Nepal soll OSCAR nutzen können. Derzeit wird geprüft, ob es sinnvoll ist, die digitale Plattform auch in weiteren asiatischen Ländern aufzubauen. Grundsätzlich ist denkbar, dass noch viel mehr Länder OSCAR zur Eindämmung der Corona-Pandemie und Stärkung ihres Gesundheitswesens einsetzen.
Um die Plattform weltweit zugänglich zu machen, entwickelt die KfW außerdem mit der Uni Heidelberg sowie der britischen NGO MapAction eine offene Lösung (openOSCAR), die auf frei zugängliche Datenquellen zugreift und diese sinnvoll interpretiert. Eine weltweite Entwicklergemeinschaft kann dann den Ausbau der Plattform vorantreiben.
Die neuen Funktionen der offenen Lösung ermöglichen es etwa, dass Entscheidungsträger Gebiete mit einem Mangel an Gesundheits-Dienstleistungen identifizieren oder die regionale Ausbreitung von Infektionskrankheiten in Simulationen betrachten können. Dies hilft bei der Beantwortung der Frage, welche Auswirkungen der Klimawandel etwa auf Malaria hat, um die Prävention entsprechend anzupassen.
Weiterhin erstellt openOSCAR Modelle zum Risiko eines Hochwassers, indem frühere Daten hochgerechnet werden. Auf diese Weise kann geprüft werden, wie viele Menschen bei einem Hochwasser in einer bestimmten Region vom Zugang zu Gesundheitseinrichtungen abgeschnitten wären. Des Weiteren erlaubt die Anwendung Vorhersagen zum künftigen Bedarf an Gesundheitsversorgung auf regionaler Ebene.
OSCAR zeigt prototypisch, wie die Digitalisierung innovative Lösungen für Entwicklungsfragen ermöglicht.