Der Konflikt um Palästina dauert schon viele Jahrzehnte und eine Lösung ist weiterhin nicht in Sicht. Als Folge davon leben knapp sechs Millionen palästinensische Flüchtlinge verstreut in der Nahost-Region, im Libanon, in Syrien, Jordanien sowie den Palästinensischen Gebieten (Westjordanland und Gazastreifen). Darunter sind mehr als eine Million Kinder im schulpflichtigen Alter (Grund- und Sekundarschulen).
Angesichts der Natur und der Dauer des Konflikts wurde im Laufe der Zeit eine Bildungsinfrastruktur mit über 700 Schulen geschaffen. Denn es war früh klar, dass Flüchtlingskinder nicht zu einer „lost generation“ werden sollen. Diese rund 700 Schulen liegen größtenteils in Flüchtlingslagern, wobei die meisten dieser Lager mittlerweile „feste“ Siedlungen geworden sind.
Betrieben werden sie vom UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA – United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East), das 1949 von der UN-Generalversammlung gegründet wurde und seither für das Wohlergehen und die Basisversorgung der Palästina-Flüchtlinge in der Region zuständig ist. Das Hilfswerk kümmert sich um die medizinische Grundversorgung, um Hilfs- und Sozialdienste, den Bau und Erhalt von Infrastruktur, um Beschäftigung, Nothilfe – und eben auch um die Grundbildung.
War die Lage in der Region wegen des schwelenden Konflikts und der generell angespannten Sicherheitslage ohnehin schon kompliziert, steigerten sich die Herausforderungen noch durch den Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020. Auch hier wurden viele Schulen wegen der Ansteckungsgefahr geschlossen und bestenfalls auf hybriden Unterricht oder sogar komplett auf virtuelles Lernen umgestellt. Allerdings mangelte es an Internet-Verbindung, den entsprechenden Geräten (Hardware) und den digitalen Kompetenzen.
Damals hatten rund 17 Prozent der bei UNRWA registrierten palästinensischen Grundschülerinnen und Grundschüler zu Hause keinen oder nur sehr stark eingeschränkten Internetzugang. Auch besaßen viele Flüchtlingsfamilien nur ein mobiles Endgerät für alle, was angemessenes Lernen aus der Ferne bei mehreren Kindern nahezu unmöglich machte. Vier Prozent der Kinder lebten in Haushalten ohne internetfähiges Gerät, sodass zusammen etwa ein Fünftel der Grundschülerinnen und Grundschüler allein durch mangelnde digitale Möglichkeiten beim Lernen zurückfiel.
Um hier Abhilfe zu schaffen und die Digitalisierung in den Schulen generell voranzutreiben, unterstützt die KfW Entwicklungsbank im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein entsprechendes Bildungsprogramm des UN-Hilfswerks. Ziel ist es, die digitale Lerninfrastruktur in UNRWA-Schulen schrittweise auszubauen, um Online-Lernen in Corona-Zeiten und danach zu ermöglichen.
Dafür wurden rund 185 Pilotschulen in Gaza und Jordanien ausgewählt, deren Bedarf besonders hoch ist. Diese erhalten – das Projekt läuft bis 2025 – schrittweise schnelleres Internet, Hardware in Form von Tablets und Computern sowie Zugang zu einem interaktiven Online-Lernsystem für Kinder und Lehrende. Außerdem wird ein Ausleih- und Benutzersystem entwickelt und eingerichtet, so dass alle Schülerinnen und Schüler bei Bedarf von den neuen Möglichkeiten profitieren können.
Die KfW stellt dafür im Auftrag des BMZ in einer ersten Phase bis zu 6,5 Mio. Euro zur Verfügung und unterstützt damit nicht nur den Bildungsweg von palästinensischen Flüchtlingskindern, sondern fördert auch UNRWA selbst, das immer wieder unter Geldmangel leidet, weil es sich im Wesentlichen aus freiwilligen Geberbeiträgen finanziert und zuletzt nicht genügend Mittel mobilisieren konnte.
„Das Programm wurde während der Corona-Pandemie aufgelegt, die deutlich machte, wie groß der Digitalisierungsbedarf bei UNRWA seinerzeit noch war. Zugleich leistet das Programm einen Beitrag zur ‚Digitalen Transformations-Strategie‘ von UNRWA, die langfristig angelegt ist und zum Ziel hat, insgesamt moderner und leistungsfähiger zu arbeiten,“ beschreiben die zuständigen Portfolio-Managerinnen D. Fuchs und R. Kroeker den Mehrwert der Maßnahme.