Nach dem Sturz des Diktators Ben Ali hat Tunesien als einziges Land des arabischen Frühlings eine säkulare Verfassung, sowie seit 2014 ein gewähltes Parlament und einen Präsidenten. Die anfängliche Euphorie ist jedoch Realismus gewichen: Zwar hat die Revolution die Demokratie gebracht, die wirtschaftliche Situation hat sie bisher aber kaum verbessern können. Das Land steht erst am Anfang eines langen Prozesses und leidet unter den Kinderkrankheiten demokratischer Systeme: Die aus einem fragmentierten Parlament hervorgegangene Koalition der nationalen Einheit erhöht zwar die Legitimität der Regierung, verzögert aber dringend benötigte Reformen. Deutschland begleitet den andauernden Transformationsprozess seit 2011 im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit (FZ) v.a. in den Bereichen Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Wasser, Energie, und Dezentralisierung. Seit 2017 ist Tunesien Reformpartnerland der Bundesregierung und es wurden seitdem zwei Reformpartnerschaften zur Unterstützung des tunesischen Finanz- und Bankensektors sowie der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung vereinbart.
Tunesien ist ein Land mit begrenzten Wasservorkommen. Die mobilisierbaren Wasserressourcen liegen bei nur rund 450 Kubikmeter pro Jahr und Kopf. Damit zählt Tunesien zu den so genannten "severely water-stressed countries", zu den Ländern, die unter erheblichem Wasserstress leiden. Das Trinkwasser wird aus Grundwasser und Oberflächenwasser gewonnen, die Versorgung ist in den Städten und auf dem Land nach wie vor unterschiedlich gut. Während in den Städten nahezu alle Haushalte an Wasserversorgungssysteme angeschlossen sind, verfügen auf dem Land noch etwa 6 % der Einwohner über keinen Anschluss. Das Engagement der KfW im Sektor ist innovativ und diversifiziert: neben Küstenschutz, Entsalzung, Klärschlamm- und Abwasserwiederverwendung ist IWRM das Thema. IWRM steht für "Integriertes Wasserressourcenmanagement" und hat zum Ziel, integrierte Planungsinstrumente für eine nachhaltige Nutzung zu entwickeln und nachhaltige Wassertechnologien an unterschiedliche klimatische, ökologische, ökonomische und soziale Verhältnisse anzupassen. Das betrifft in Tunesien besonders die Landwirtschaft: Sie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Parallel zur Rehabilitierung vorhandener Bewässerungssysteme soll die Einführung effizienterer Bewässerungstechniken (zum Beispiel Beregnung, Tröpfchenbewässerung) im Sinne des IWRM fortgesetzt werden.
Projektinformation - Küstenschutz(PDF, 96 KB, nicht barrierefrei)
In Tunesien gibt es seit Jahren einen großen Anteil junger Erwerbsfähiger, insbesondere gut ausgebildete Akademiker und Menschen in ländlichen Gebieten, die der Arbeitsmarkt nicht aufnehmen kann. Die Wirtschaft des Landes wird von kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU) getragen, d.h. von Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Diese machen einen Anteil von 98 Prozent der aktiven Unternehmen aus und stellen 85 % der Arbeitsplätze. Die Leistungsfähigkeit und die Wachstumsmöglichkeiten dieser Unternehmen werden unter anderem durch den mangelnden Zugang zu bedarfsgerechten Finanzdienstleistungen (z.B. Kredite und Investitionskapital) eingeschränkt. Damit sind auch ihre Möglichkeiten, neue Arbeitsplätze zu schaffen, begrenzt. Hinzu kommt, dass strukturell notwendige Wirtschaftsreformen nur sehr langsam voranschreiten.
Mit dem Ziel der Beschäftigungsförderung, der Stabilisierung und Effizienzsteigerung des tunesischen Banken- und Finanzsektors und der Unterstützung bei der Umsetzung notwendiger Reformen setzt die KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung verschiedene Projekte um, die sich zum Teil in die seit 2017 bestehende tunesisch-deutsche Reformpartnerschaft eingliedern. Dazu gehören u.a. Budgetfinanzierungen, Kreditlinien an Banken und Leasinggesellschaften für eine bedarfsgerechte KKMU-Finanzierung, die Beteiligung an dem Eigenkapitalfonds TuninvestCroissance zur Förderungen innovativer Unternehmen sowie die Unterstützung beim Aufbau einer tunesischen Entwicklungsbank.
Projektinformation – Kapitalspritzen Tunesien(PDF, 178 KB, nicht barrierefrei)
Im Großraum Tunis fördert die FZ den klimafreundlichen und energieeffizienten Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Stadtbahn Tunis war die erste ihrer Art auf dem afrikanischen Kontinent, 1985 wurde das Netz mit einer Länge von etwa 45 km in Betrieb genommenen. Nun wird in der Hauptstadt der Ausbau von fünf S-Bahnlinien mit einer Gesamtstreckenlänge von 85 km in Angriff genommen. Die erste Ausbauphase, für die ein Gesamtfinanzierungspaket von rund 550 Mio. EUR zur Verfügung steht, wird von der KfW Entwicklungsbank, der Agence Française de Développement und der Europäischen Investitionsbank und Fördermitteln der Nachbarschaftsinvestitionsfazilität (NIF) der Europäischen Kommission finanziert. Die KfW stellt für den Ausbau des Netzes und des zugehörigen Rollmaterials im Auftrag der Bundesregierung Kredite über 112 Mio. EUR zu Verfügung.
Projektinformation – Verkehr Tunesien(PDF, 102 KB, nicht barrierefrei)
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