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Äthiopien
Eine Nation im Umbruch

Als Binnenstaat am Horn von Afrika mit über 110 Mio. Menschen und mehr als 80 ethnischen Gruppen spielt Äthiopien eine zentrale Rolle für die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Region. Seit 2018 hat das Land mit Premierminister Abiy Ahmed einen Weg der politischen und wirtschaftlichen Reformen eingeschlagen und Frieden mit Eritrea geschlossen. Mit einer Reformpartnerschaft unterstützt Deutschland das Land seither dabei, privatwirtschaftliche Entwicklung zu fördern und Jobs zu schaffen. Im Gegenzug verpflichtet sich Äthiopien, Wirtschaftsreformen und Prinzipien guter Regierungsführung umzusetzen. Doch es bleibt herausfordernd, das friedliche Zusammenleben im Vielvölkerstaat zu gestalten: Die nationale Einheit ist immer wieder beeinträchtigt durch Konflikte zwischen Ethnien und regionalen Unabhängigkeitsbestrebungen – wie etwa dem seit Ende 2020 gewalttätig ausgetragenem Konflikt um die Region Tigray.
Wirtschaftspolitisch ist Äthiopien noch vom Modell des Entwicklungsstaates geprägt, bei dem der Staat das Wirtschaftsgeschehen zentral verwaltet und steuert. Derzeit befindet sich die wirtschaftspolitische Ausrichtung und die Wirtschaftsstruktur im Umbruch. Die äthiopische Regierung hat Reformen angekündigt und teilweise auch bereits umgesetzt, die zu verbesserten Rahmenbedingungen für den Privatsektor und zu mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung führen sollen. Diese beinhalten Pläne zur schrittweisen Öffnung der Wirtschaft und Einführung von mehr Wettbewerb, insbesondere in Sektoren, die bisher von staatlichen Unternehmen beherrscht wurden (z. B. Logistik und Telekommunikation). Gemeinsam mit der Weltbank und der französischen Agence Française de Développement (AFD) unterstützt die KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung diesen wirtschaftspolitischen Reformkurs. Die Partner vereinbaren mit der äthiopischen Regierung Reformmaßnahmen und unterstützen diese finanziell und mit fachlicher Expertise. Das Ziel: günstigere Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung sowie mehr und bessere Jobs zu schaffen. Die KfW trägt auch dazu bei, den Finanzsektor zu entwickeln, indem sie die äthiopische Entwicklungsbank dabei unterstützt, Kredite speziell für kleine und mittelständische Unternehmen bereitzustellen. Im Rahmen der „Sonderinitiative für Ausbildung und Beschäftigung“ fördert die KfW zudem die Schaffung neuer Jobs durch Unterstützung von besonders beschäftigungsrelevanten Projekten und unternehmerischen Initiativen.
„Sonderinitiative für Ausbildung und Beschäftigung“ die Schaffung neuer Jobs.
Immer mehr äthiopische Kinder wurden in den vergangenen Jahren eingeschult; viele von ihnen besuchen inzwischen Hochschulen oder machen eine Berufsausbildung. Vor allem technische und ingenieurwissenschaftliche Fachkräfte werden dringend gesucht. Doch Äthiopiens Berufsbildungseinrichtungen und Universitäten erfüllen ihre Aufgabe bislang nur unzureichend. Oft fehlt der Praxisbezug und der Kontakt zu den Unternehmen. Und Betriebe können es sich häufig nicht leisten, neue Arbeitskräfte selbst zu schulen oder teure ausländische Fachkräfte einzustellen. Technologische Entwicklung und Innovation werden dadurch ausgebremst.
Deshalb unterstützt die KfW Entwicklungsbank die Regierung dabei, eine neue Berufsbildungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Junge Menschen, darunter auch viele Frauen und Flüchtlinge, sollen besser ausgebildet werden – vor allem in technischen und landwirtschaftlichen Berufen. In mehr als 90 Berufsschulen hat die KfW bereits dazu beigetragen, dass Werkstätten ausgerüstet und Lehrkräfte fortgebildet wurden und somit nach Abschluss der Ausbildung bessere Jobchancen bestehen. Außerdem wird eine stärkere Vernetzung der Berufsschulen mit der Privatwirtschaft vorangetrieben – etwa indem Berufsschulen in Industrieparks angesiedelt und moderne Ausbildungsgänge wie Industrie- und Medizintechnik angeboten werden.
Projektinformation – Berufliche Bildung (PDF, 176 KB, nicht barrierefrei)
Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von einer kleinbäuerlich geprägten Landwirtschaft. Das fruchtbare äthiopische Hochland ist ein wichtiges Anbaugebiet. Doch immer mehr Flächen werden zerstört: durch langanhaltende Dürren gefolgt von Starkregen und Heuschreckenplagen sowie durch eine nicht nachhaltige Bewirtschaftung. Der Klimawandel und das starke Bevölkerungswachstum haben diese Entwicklung verschärft. Die geringen Erträge können die Eigenversorgung meist nicht mehr sicherstellen. Immer wieder wird Nahrung knapp, kommt es zu Mangel- und Fehlernährung. Um diese Entwicklung aufzuhalten und die Lebensgrundlage der Menschen in den wichtigen Anbaugebieten des äthiopischen Hochlands abzusichern, unterstützt die KfW seit 2011 das Vorhaben „Nachhaltige Landbewirtschaftung". Es verbindet bodenkonservierende Maßnahmen mit einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion. Außerdem werden Wassereinzugsgebiete wiederhergestellt, um den Verlust des fruchtbaren Bodens zu reduzieren. Daneben finanziert die KfW den Ausbau von kommunaler Infrastruktur, die den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und die Versorgung vor Ort erleichtern soll. Durch die Möglichkeit landwirtschaftliche Maschinen zu leasen, wird die Arbeit erleichtert und die Produktivität in der Landwirtschaft erhöht. So können die Menschen wieder besser von ihren landwirtschaftlichen Erträgen leben, perspektivisch Überschüsse auf Märkten verkaufen und damit ihre Lebenssituation entscheidend verbessern.
Vom Verlust ihrer Existenzgrundlage ist auch die Bevölkerung der ariden und semi-ariden Gebiete des Tieflands mit ihrer halbnomadischen Weidewirtschaft betroffen. Das weitläufige Tiefland trägt wesentlich zur Viehproduktion Äthiopiens bei. Obwohl das traditionelle Bewirtschaftungssystem gut angepasst ist an die harten klimatischen Bedingungen, gerät es durch immer häufigere Dürren und die invasive Strauchart „Prosopis Juliflora“ zunehmend unter Druck. Zudem wurde in der Vergangenheit der Zugang zu wichtigen Wasser- und Landressourcen erschwert. Die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung gegen Dürren ist dadurch spürbar geschwächt.
Um dem entgegenzuwirken, unterstützt die KfW Vorhaben zur Stärkung der Dürreresilienz. Zusammen mit der lokalen Bevölkerung werden Maßnahmen entwickelt: zum Beispiel für die Wasserversorgung und ländliche Infrastruktur, für die Vieh- und Weidewirtschaft sowie für alternative Einkommensmöglichkeiten und Basisdienstleistungen. Das versetzt die Bevölkerung in die Lage, ihre natürlichen Lebensgrundlagen auch unter sich verändernden Klimabedingungen nachhaltig zu bewirtschaften. Dabei wird einerseits die traditionelle Wirtschaftsform der halbnomadischen Weidewirtschaft unterstützt, andererseits werden zusätzliche Einkommensquellen erschlossen.
Die topographische Lage und unterschiedlichen Klimazonen machen Äthiopien zur Heimat für eine Vielzahl einzigartiger Tier- und Pflanzenarten. Mit dieser sehr hohen genetischen Vielfalt ist Äthiopien eines von weltweit acht so genannten „Genzentren“. Doch diese Biodiversität ist bedroht: Armut und hohes Bevölkerungswachstum führen dazu, dass immer mehr Flächen für Ackerbau, Weidewirtschaft oder die industrielle Landwirtschaft genutzt und die letzten Wälder gerodet werden. Dabei wird kaum Rücksicht auf die natürlichen Ressourcen genommen, die biologische Vielfalt geht immer weiter zurück. Waren Anfang des 20. Jahrhunderts noch rund 40 Prozent der Landesfläche Hochwald, sind es heute nur noch knapp 3 %. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind akut gefährdet, darunter der populäre und wirtschaftlich besonders wichtige Kaffee Arabica, der als Wildpflanze in den Bergregenwäldern vorkommt.
Die KfW unterstützt ihre Partner in Äthiopien dabei, wichtige Schutzgebiete zu erhalten. Dabei geht es vor allem darum, das Parkmanagement zu professionalisieren, langfristig in die Parkinfrastruktur zu investieren und sicherzustellen, dass die lokale Bevölkerung die Schutzgebiete akzeptiert. Darüber hinaus finanziert die KfW Aufforstungsmaßnahmen auf Gemeindeflächen, um zur Biodiversität, mehr Wasserverfügbarkeit und besseren Einkommensmöglichkeiten der Dorffamilien beizutragen.
Äthiopien ist seit vielen Jahren Zufluchtsort für Geflüchtete aus umliegenden Ländern. Die meisten leben in Camps entlang der Grenzen zu Sudan und Somalia. Die Verwaltung und Grundversorgung der Camps hat die äthiopischen Regierung an das Flüchtlingshilfswerk UNHCR delegiert. Doch diese, nicht in die Regierungssysteme integrierte, Grundversorgung ist nicht nachhaltig und zudem sehr teuer. Außerdem sind in den entlegenen Regionen der Camps die Ressourcen meist knapp. Es kommt zu Verteilungskonflikten mit der lokalen Bevölkerung.
Der Global Compact on Refugees (GCR) hat hier eine Kehrtwende eingeläutet: weg von der isolierten hin zu einer integrierten Betreuung der Geflüchteten. Er wurde 2018 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Darin haben sich die unterzeichnenden Staaten u.a. dazu verpflichtet, Geflüchtete in ihre nationalen Grundversorgungssysteme aufzunehmen.
Äthiopien ist Vorreiter in der Umsetzung des GCR und hat seit 2018 eine liberale und integrierte Politik gegenüber Flüchtlingen eingeführt. So wurde zum Beispiel mit Unterstützung der KfW in einem Camp für meist südsudanesische Flüchtlinge in Gambella ein integriertes, nachhaltiges Wasserversorgungsystem eingeführt, das von einem öffentlichen Wasserversorger betrieben wird. Dadurch wurden die Kosten für die Versorgung erheblich reduziert. Zuvor musste das Wasser mit Lastwägen ins Camp transportiert werden, was ca. 6 EUR pro Kubikmeter kostete. Jetzt kostet das Wasser nur noch ca. 1 EUR pro Kubikmeter.
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Weiterführende Informationen
- Erfahren Sie in unserem Transparenzportal mehr über die Wirkung unserer Arbeit in Äthiopien
- Erfahren Sie mehr über unsere abgeschlossenen Projekte in den Evaluierungsberichten zu Äthiopien
- Welche Schwerpunkte das BMZ in Äthiopien setzt, finden Sie direkt auf den Seiten des Ministeriums
- Auf den Seiten des Auswärtigen Amtes finden Sie ausführliche Landesinformationen zu Äthiopien
Kontakt vor Ort
KfW Office Addis Abeba
Direktorin KfW-Büro: Diana Hedrich
Kirkos Kifle Ketema
Woreda 8
P.O. Box 100009 Addis Abeba
Äthiopien
Telefon: +251 11 51 80 24 1
Fax: +251 11 51 80 24 1